Aller Anfang ist schwer
Beim Aufbau einer Online-Community muss von Seiten der Betreiber/Administratoren in der Startphase im Regelfall viel Input geliefert werden, um die Community zum Leben zu erwecken. Zum einen in Form von Inhalten und zum anderen in Form von Ansprache und Motivation der bereits angemeldeten Mitglieder zur aktiven Teilnahme an Foren, Chats u. ä. Je nach thematischer Ausrichtung und Intention der Betreiber kann dieser Aufwand unterschiedlich groß sein. Bei ambitionierten Projekten aus dem Bereich der Single-Börsen ist es z.B. durchaus üblich, zunächst eine große Anzahl an so genannten Fake-Accounts anzulegen und zu pflegen, um den aus eigener Motivation angemeldeten Usern bereits zum Start eines neuen Projektes eine lebendige Gemeinschaft vorzugaukeln. So kritisch dieses Vorgehen zu sehen ist, so verständlich ist es auf der anderen Seite wiederum, da ein Besucher eine leere Single-Börse in der Regel kein zweites Mal besuchen wird.
Kritische Masse
Unter Kritischer Masse versteht man dann die Zahl an Mitgliedern die benötigt wird, damit eine virtuelle Gemeinschaft aus sich heraus zu leben beginnt. Auch der Begriff Selbstläufer ist an dieser Stelle durchaus passend. Am Beispiel einer Single-Börse wäre dies z.B. der Punkt, an dem auf das Anlegen von Fake-Accounts verzichtet werden kann, da sich inzwischen ausreichend reale Mitglieder angemeldet haben und aktiv auf der Plattform beteiligen, z.B. in Form von ausgefüllten Profilen und Kontaktanfragen.
In Beratungsgesprächen wird häufig die Frage gestellt, wo denn genau für eine Online-Community die Kritische Masse liegt, d.h. wie viele Mitglieder konkret benötigt werden, um das Projekt zum Laufen zu bringen. Auch wenn an vielen Stellen konkrete Zahlen zu lesen sind, mit gutem Gewissen kann hier keine pauschale Aussage getroffen werden, da viele Faktoren die Kritische Masse beeinflussen:
Kritische Masse kein fixer Wert
Ein wichtiger Einflussfaktor ist die thematische Ausrichtung einer Online-Community. Je spezieller die Thematik, desto geringer wird im Regelfall die Kritische Masse ausfallen. Um bei dem Beispiel der Single-Community zu bleiben: Will ich eine deutschlandweite Single-Börse betreiben, sind 100 Mitglieder verteilt über das Ganze Bundesgebiet in der Regel zu wenig, wohingegen 100 Mitglieder in einer Flirt-Börse des Gymnasiums XY in Berlin schon eine durchaus interessante Größe darstellen können.
Auch spielt hier die Erwartungshaltung der Mitglieder eine entscheidende Rolle. Bei einer deutschlandweiten Single-Börse erwarte ich tausende von Mitgliedern, wohingegen die Erwartungshaltung bei einer regionalen Ausrichtung eine andere ist und ich unter Umständen auch bei einer geringeren Mitgliederzahl mein Glück versuche.
Weiterhin ist die benötigte Mitgliederzahl zur Erreichung der Kritischen Masse davon abhängig, wie die Mitglieder zu solchen geworden sind. Das Interesse an einer aktiven Teilnahme ist um ein vielfaches größer, wenn ein User sich aus eigener Motivation am Thema registriert hat, als wenn er z.B. auf Basis eines Gewinnspiels Mitglied geworden ist.
Mitglieder-Typen ein entscheidender Einfluss-Faktor
Mitentscheidend ist auch der Typus der angemeldeten Mitglieder. Virtuelle Gemeinschaften sind bekanntermaßen ein Abbild der Gesellschaft, so dass es hier auch aktive und eher passive Mitglieder gibt. Je größer der Anteil des aktiven Typus, desto geringer die absolute Zahl der Kritischen Masse um eine Community zum Leben zu erwecken.
Auch der Stellenwert der Mitgliedschaft in einer Online-Community wirkt sich entscheidend auf die Kritische Masse aus. Ein interessantes Beispiel hierfür war die Comunity Spotleid.de, in welcher die Mitgliederzahl lange Zeit auf 200 beschränkt war. D.h. wer es in den Kreis der Mitglieder geschafft hatte, setzte natürlich alles daran, diesen Status zu behalten und seine Mitgliedschaft durch aktive Teilnahme zu rechtfertigen. Wie kritisch diese Masse war, hat sich allerdings darin gezeigt, dass sich die Community nach einem Betreiberwechsel faktisch aufgelöst hat… 😉
Keine pauschale Antwort möglich
Eine pauschale Aussage über die absolute Größe der Krischen Masse eines Sozialen Netzwerkes lässt sich also nicht treffen. Die notwendige Mitgliederzahl ist von vielen Faktoren abhängig, unter anderem der thematischen Ausrichtung des Projektes, den Beweggründen zur Anmeldung und die bei der Anmeldung erzeugte Erwartungshaltung. Weiterhin dem Typus der Mitglieder und nicht zuletzt dem persönlichen Stellenwert der Mitgliedschaft für ein Mitglied. Neben allgemeinen Erfahrungswerten kann bei konkreten Projekten letztendlich nur die Praxis die tatsächliche Größe der Kritischen Masse zeigen.
Ich kann diesem Artikel nur zustimmen. Die Frage nach der kritischen masse lässt sich aber nicht so einfach beantworten, da dies von projekt zu projekt und von der Mitgliederstruktur abhängig ist. Erwischt man wenige kommunikative und mit bMitglieder mit breitem Netzwerk, ist die kritische mase zur verselbständigung der Community anders , als wenn man lange braucht diese menschen zu kontaktieren.
ich bin gerade dabei eine Community für Väter http://www.papsnet.de zur kritischen masse zu führen und kann nach vier Wochen online schon Erfolge nachweisen.
Guter Artikel 🙂 Wobei der Begriff „kritische Masse“ vor allem für kommerzielle Communities von Bedeutung ist, da wird jedenfalls häufiger die Frage gestellt „wie viele Mitglieder brauche ich, damit ich damit Geld verdienen kann“. Wichtiger ist die Frage, wie viele aktive Mitglieder sind nötig, um eine Community lebendig zu halten. Das können sogar sehr wenige sein, so lange die Außenwirkung der Community positiv ist und immer wieder neue Mitglieder hinzukommen.
Den kommerziellen Aspekt habe ich bewusst außen vor gelassen, das ist defintiv einen extra Artikel wert. 🙂 Der Begriff „Kritische Masse“ bezieht sich nach meiner Definition auch nicht auf den kommerziellen Erfolg einer Community, sondern tatsächlich auf die Aktivität in der Gemeinschaft als solche. Aber nicht nur aus finanzieller Hinsicht, sondern auch für die Eigenmotivation ist eine lebendige/erfolgreiche Community (Kritische Masse) von zentraler Bedeutung. Selbst wenn das Geld nicht im Vordergrund stehen mag, irgendwann leiden auch die anderen motivierenden Faktoren, wenn das Feedback der Nutzer fehlt.
Ja, ich stimme voll zu. Bin mal auf den nächsten Artikel gespannt 🙂
Sehr interessanter Beitrag! Ein schlechtes Gewissen muss man allerdings keinesfalls haben (Stichwort: Fake-User). Ziel ist die Entwicklung und Steigerung der Community-Aktivität und wenn alles ordentlich organisiert ist, sollte das auch problemlos funktionieren.