Community & Galerie für Aktfotografie Akt.de steht zum Verkauf

In einer Zeitung würde ein solcher Artikel wohl mit der Überschrift „In eigener Sache“ versehen. Aber da der Community Management Blog keine Zeitung ist, habe ich einen etwas sprechenderen Titel gewählt. 😉

Meine Community & Galerie für Aktfotografie Akt.de hat mir vor mittlerweile über 16 Jahren den Einstieg in Welt des Community Managements eröffnet. Was sich daraus alles spannendes für mich ergeben hat, nicht zuletzt auch meine Vorstandstätigkeit für den Bundesverband Community Management, ist zu weiten Teilen auch hier im Blog nachzulesen.

Nach dieser langen Etappe ist es Zeit für einen Tapetenwechsel und daher möchte ich mich nun von Akt.de trennen. Auch wenn die Hochzeit für vertikale Communitys vermutlich hinter uns liegt, erfreut sich Akt.de auch heute noch großer Beliebtheit: In den letzten 12 Monaten hat die Seite immerhin noch über 700.000 Besucher und über 13 Millionen Seitenaufrufe verzeichnet.  Neben der genialen Domain (sic!) ein weiteres Pfund, mit dem man sicher wuchern kann. Daher möchte ich Akt.de natürlich auch nicht verschenken sondern verkaufen.

Aktuell steht das Projekt Akt.de daher auf ebay zum Verkauf: (Link entfernt, da die Auktion ausgelaufen ist)

Wer Interesse hat, findet in dem nachfolgenden Projektexposé weiterführende Infos: (Link entfernt, da das Projektexposé nicht mehr zum Download bereit steht)

Es würde mich sehr freuen, wenn sich für Akt.de auf diesem Weg einen neuer Betreiber finden würde, der das Projekt in bewährter oder neuer Form weiterführen möchte. Bei Interesse nehme ich auch Angebote außerhalb von ebay entgegen.

Fragen beantworte ich jederzeit gerne: Entweder hier im Blog oder per E-Mail an info@langwasser.de. Und natürlich würde ich mich freuen, wenn das Angebot an den ein oder anderen Interessenten weitergeleitet werden würde.

 

Veränderungen in einer Community immer an die Mitglieder kommunizieren: ja, nein, vielleicht?

Änderungen in den Sozialen Netzwerken, sei es technischer oder inhaltlicher Art, sind an der Tagesordnung. Dem Community Manager obliegt die (meistens) freudige Aufgabe, diese Veränderungen an die Community zu kommunizieren.

Bis vor einiger Zeit war ich ein Verfechter des Ansatzes, möglichst jede Veränderung an die Community zu kommunizieren und nach Möglichkeit auch die Community vorab in die Entscheidungsfindung einzubinden. Irgendwie hat das für mich zum guten Ton gehört und war in meinen Augen auch ein Quasi-Standard für gutes Community Management.

Ist weniger mehr?
Die Vergangenheitsform ist natürlich nicht zufällig gewählt: Im Rahmen eines Communitystammtisches in 2010 habe ich mit einem anderen Community Manager über diese Thematik gesprochen und er meinte dazu nur: „Warum sollte ich jede Entscheidung seitens des Community Managements an die Mitglieder kommunizieren und ggf. vorher sogar noch mit der Community abstimmen? Das ist viel zu aufwändig und führt letztlich dazu, dass es ohnehin selten einen Konsens unter den Mitgliedern gibt“. Im Rahmen des weiteren Gespräches musste ich an einigen Stellen tatsächlich nicken.

Dass relevante Änderungen (die beispielsweise zentrale Funktionen oder Rechteeinstellungen betreffen) kommuniziert werden müssen, steht sicherlich außer Frage. Aber wo liegt die Grenze? In wie weit können und sollen die Mitglieder mitentscheiden können, ob eine Änderung sinnvoll ist oder welche neuen Funktionen jetzt konkret die Community auf ein neues Level heben können?

Praxistest
Vor einigen Tage habe ich die Frage am lebenden Objekt getestet: In einer von mir betreuten Community (ca. 15.000 Mitglieder) gab es ein für die damalige Einführung umfangreich promotetes Feature, was letztendlich aber nur schleppend angenommen worden ist. Da der Supportaufwand dahinter relativ groß war, haben wir das Feature kurzerhand abgeschaltet. Ohne Rücksprache mit der Community und ohne offensive Info an die Mitglieder. Konkrete Rückfragen diesbzgl. wurden natürlich offen beantwortet. Ergebnis: Zwei Rückfragen, etwas Verwirrung unter der Moderatoren über die geänderte Vorgehensweise (bisher wurden alle Änderungen umfassend kommuniziert) und ansonsten: Nichts. Eigentlich spannend, da es im Vorfeld und bei der Einführung der Funktionalität ausschweifenden Diskussionen gab.

Fragen, die ich mir in dem Zusammenhang stelle:

  • Wie hätten die Reaktionen wohl ausgesehen, wenn die Abschaltung offensiv kommuniziert worden wäre? Oder die Mitglieder darüber hätten wie gewohnt mitentscheiden dürfen?
  • Wie groß ist die Anzahl derjenigen, die das Feature vermissen, aber nichts sagen?
  • Wie viele Leute denken schlicht und ergreifend, dass hier irgendetwas an der Community-Software kaputt gegangen ist? 😉
  • Spielt die Größe der Community eine Rolle? Sieht die Welt bei größeren Projekten mit 6- oder 7-stelligen Mitgliederzahlen vielleicht anders aus?
  • Und vor allem: War das die richtige Vorgehensweise und wie sollte es in Zukunft bei vergleichbaren Veränderungen aussehen?

Fragen über Fragen. Ich freue mich auf eure Antworten, Einschätzungen und vor allem Erfahrungswerte aus eurem Community Management-Alltag.

Das Ende der Fahrrad.de-Community und was man daraus für das Community Management lernen kann

Der Online-Shop Fahrrad.de ist ohne Zweifel ein Erfolg und auch die Geschichte liest sich so, wie man sich ein wirkliches Start-Up vorstellt. René Marius Köhler beginnt nach seiner Ausbildung damit, Fahrräder aus dem Laden seines Vaters via eBay zu verkaufen. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten läuft das Geschäft immer besser, 2003 startet Köhler unter der Domain Fahrrad.de einen eigenen Online-Shop. Der Laden brummt und unter der Dachmarke Internetstores AG entstehen weitere erfolgreiche eCommerce-Ableger im Fitness-Bereich.

Fahrrad.de-Community
Auch den Community-Trend erkennt Fahrrad.de früh und launcht 2007 eine eigene Fahrrad-Community auf Fahrrad.de:

Die internetstores AG hat die fahrrad.de Community auf die Beine gestellt, weil wir denken, dass sie aus zweierlei Gründen wichtig sein könnte. Zum einen, weil es einfach an der Zeit für ein Forum ist, das alle Fahrrad-Fans anspricht. Ein allgemeines, offenes Forum ohne Abgrenzungen, um das Wesentliche in den Mittelpunkt zu rücken ? den Menschen und seine Begeisterung fürs Radfahren.

Wir wollen Sie als User sozusagen aktiv als Produktivressource nutzen ? daraus machen wir keinen Hehl. Aber nicht allein aus dem Grund, weil wir denken, dass sich dadurch mehr verkaufen lässt. Sondern weil wir unseren Kunden damit ein Höchstmaß an Informationsqualität bieten können, die eine verbesserte Kaufentscheidung für jeden einzelnen möglich macht.

Das Engagement wird auch in den Medien positiv aufgenommen. Eine offene Themen-Community unter dem Dach eines eCommerce-Unternehmens hat etwas schwerere Startbedingungen als ein Projekt mit einem neutralen Anstrich. Aber Fahrrad.de bleibt dran, integriert das Forum in die Kaufberatung und entwickelt die Community mit Blogs, Videos, GPS-Touren und einem Wiki konsequent weiter. Ergebnis: Einige tausend Mitglieder, zehntausende Forenbeiträge und über 1.000 Bilder. Ein achtbarer Erfolg nach 3 Jahren, hier würden viele andere Unternehmen sicher gerne tauschen wollen.

Ein überraschendes Ende – Abschaltung der Community
Vor gut 4 Wochen wird die Fahrrad.de-Community allerdings (einigermaßen überraschend) geschlossen. Eine kurze Begründung gibt es immerhin:

Hallo Community,

wie Ihr sicherlich mitbekommen habt, ist bei uns im Unternehmen gerade sehr viel los. Auf ein Projekt folgt das nächste, so dass ich mich nicht mehr so intensiv um Euch kümmern konnte. Ich will Euch natürlich auch die Gründe dafür offen und ehrlich auf den Tisch legen:

Wir sind zu der Erkenntnis gelangt, dass wir die Community, so wie sie aktuell besteht, nicht mehr weiterführen können und daher eine Lösung brauchen. Auch wenn es eine bittere und unangenehme Lösung sein wird.
Es liegt uns fern, Euch zu verärgern oder zu verlieren, wir sehen jedoch aus Kapazitätsgründen und diversen Umstrukturierungen im Unternehmen keine vernünftige Möglichkeit mehr, die Community so „am Leben zu erhalten“, dass wir Euch alle zufrieden stellen könnten. Persönlich bedauere ich es sehr, dass wir hier nun leider, hart gesagt, „abschalten“ müssen. Aber jede andere Entscheidung wäre nicht mehr zu vertreten und würde keinen Erfolg bringen.

Im weiteren Text werden u.a. technische Gründe angeführt, da man bei Änderungen an der Forensoftware immer wieder auf Bugs gestoßen sei und man sich daher für eine Abschaltung entschieden habe.

So viel zur Geschichte der Fahrrad.de-Community. Das Echo in den anderen Fahrrad-Communitys ließ auch nicht lange auf sich warten. An Gerüchten und Kritik wurde nicht gespart, es ist von vorgeschobenen Gründen und finanziellen Problemen die Rede. Gut lesbar und auffindbar für Suchmaschinen.

Was kann man aus dieser Geschichte für das Thema Community Management lernen?
Der Schritt zur eigenen Community für Fahrrad.de war meines Erachtens goldrichtig. Das Thema Fahrrad wird rege diskutiert, man kann die Kaufberatung integrieren und erhält gleichzeitig wertvollen Content für die Suchmaschinen-Strategie. Aber: Eine Community ist kein Produkt, was man mal auf den Markt bringt und im Zweifelsfall einfach wieder einstellt. Hier ist ein richtig langer Atem gefragt, über Jahre oder auch Jahrzehnte hinweg. Und eine ebenso konsequente Strategie, wenn das Engagement eingestellt werden soll bzw. muss.

Ziel von Fahrrad.de war es, eine allgemeine Fahrrad-Community zu etablieren. Die Zielsetzung ist auch bei den Mitgliedern angekommen und wurde wohl auch von den Community-Verantwortlichen und Community Managern gelebt. Aber: Es werden natürlich auch andere Händler empfohlen, man verweist auf andere Fahrrad-Communitys und kritisiert natürlich auch einmal die Preisgestaltung von Fahrrad.de. Stichwort: Fahrrad-Apotheke. Diese Nähe muss man aushalten können und für die eigene Entwicklung nutzen. Eine Community kann ein geniales Marktforschungsinstrument sein, wenn man lernt zuzuhören und daraus zu lernen.

Um die Aktivität unter den Mitgliedern zu erhöhen, hat Fahrrad.de Beiträge mit den „Internetstars“ (Rabattmarken) vergütet, die im Fahrrad.de-Shop eingelöst werden konnten. Incentivierung in Form von Boni oder Rabatten kann ein probates Mittel sein, wenn es dosiert eingesetzt wird. Problematisch wird es immer dann, wenn darin ein Hauptanreiz für die Aktivität besteht oder die Qualität der Beiträge nicht konsequent integriert wird. Weiterhin kritisch, wenn die Aktion nicht klar zeitlich begrenzt ist. Ohne zeitliche Begrenzung kann man die Incentivierung nicht mehr abschalten, ohne den Unmut der Mitglieder hervorzurufen. Auch wenn es sich das Unternehmen vielleicht schlicht und ergreifend nicht mehr leisten kann.

Steht ein Unternehmen hinter der Community, beäugen die Mitglieder die Aktivitäten von Seiten des Community Management kritischer. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, vor allem wenn sich zusätzlich Mitglieder ehrenamtlich als Moderatoren engagieren. Selbst diese Speerspitzen der Mitglieder über die Zukunft der Community im Dunkeln zu lassen, ist schlechtes Community Management. Transparenz ist unglaublich wichtig. Ein ambitioniertes Projekt wie die Fahrrad.de-Community durch ausbleibende Reaktionen von Seiten des Community Management bzw. der Administratoren langsam sterben zu lassen, ist nicht der richtige Weg. Und es ist auch ein Irrglaube, dass man ein Projekt dieser Größenordnung sich selbst überlassen und es einfach so weiterlaufen lassen kann. Im Gegenteil: Hier tickt unter Umständen eine Zeitbombe…

Dass ein erfolgreiches und preisgekröntes eCommerce Unternehmen mit 80 Mitarbeitern und 25 Millionen Euro Umsatz technische Probleme für die Abschaltung einer Foren-Software angibt, wirft im Zweifelsfall auch kein gutes Licht auf die involvierten Dienstleister und wird von Seiten der Community-Mitglieder als vorgeschoben kritisiert. Ob zu Recht, kann nur das Unternehmen selbst beantworten. Wenn von Kapazitäten die Rede ist, spricht man automatisch auch von Geld – schließlich kann man die Kapazitäten auch erweitern.

Grob geschätzt sollte sich ein Community-Projekt in dieser Größenordnung durchaus mit einem niedrig sechsstelligen Betrag pro Jahr (laut Geschäftsführer Köhler hat die Fahrrad.de-Community anscheinend fast unglaubliche 1,2 Millionen Euro pro Jahr gekostet – siehe Update unten) stemmen lassen, gemessen am Umsatz wären dies bei Fahrrad.de etwa 0,5%. Ob sich dieses Investment für ein Unternehmen lohnt, kann von außen nur schwer beurteilt werden, da viele Faktoren in die Bewertung einfließen. Oft wird aber der „Wert“ einer Community, die sich mit dem Produkt-Thema und unter Umständen sogar mit den konkreten Produkten des Unternehmens identifiziert, unterschätzt. Kurzfristige Umsatzziele stehen leider allzu oft konträr zu einer erfolgreichen Community-Strategie.

Fazit
Eine Community-Strategie sollte immer langfristig angelegt sein. Im Zweifelsfall schadet ein zu kurzfristiges Engagement mehr als gar kein Engagement. So positiv das Medien-Echo zum Start einer Community sein kann, so nachhaltig kann auch die Kritik und die Häme sein, wenn das Projekt kein „sauberes“ Ende findet.

Eine Community öffnet das Unternehmen gegenüber den Kunden. Dies bringt Nähe, diese Nähe gilt es aber auch auszuhalten. Mit allen Konsequenzen und von allen beteiligten Parteien, von der Unternehmensführung bis zum Community Management.

Die Kommunikation mit den Mitgliedern ist wichtig. In guten wie in schlechten Zeiten. Wenn es gut läuft, darf gerne darüber gesprochen werden, wenn es schlecht läuft, dürfen Rückfragen der interessierten Mitglieder nicht unbeantwortet bleiben. Hier muss es klare Anweisungen und Kompetenzen für die Community Manager geben.

Am Ende des Tages muss in einem Unternehmen die Kasse stimmen, keine Frage. Die Monetarisierung einer Community beinhaltet aber nicht nur direkte Einnahmen (Werbung, Produktverkauf) sondern auch indirekte Elemente wie Ersparnis bei Werbeausgaben, Marktforschung, Erhöhung der Brand-Awareness etc.

Entscheidet man sich als Unternehmen, das Produkt Community einzustellen, ist ebenfalls klare Kommunikation gefragt. Frühzeitig, offen und ehrlich. Die Mitglieder zeigen Verständnis gegenüber Offenheit, sparen aber auch nicht mit Gerüchten und Kritik, wenn sie keine oder nur unzureichende Informationen erhalten.

Update 04.06.2010:
In einem Interview mit der Internet World Business (Ausgabe 11/10, Seite 30, Link auf Artikel im Heftarchiv folgt) hat sich Rene Marius Köhler zur Schließung der Fahrrad.de-Community geäußert:

Die Schließung der Community basiere auf rein ökonomischen Überlegungen, Köhler spricht dabei von rund 100.000 Euro laufender Kosten pro Monat (!) für die Community. Eine Migration der Community auf die neue Shoppingplattform hätte eine Kostensteigerung von weiteren 20% verursacht. Auch äußert Köhler, dass die Community (gemessen am Aufwand) einfach kein Erfolg gewesen sei und räumt ein, dass eine Migrationsstrategie für die Community-Mitglieder (z.B. zu Facebook) gefehlt habe.

1,2 Millionen Euro pro Jahr für 15.000 Mitglieder (davon 100 aktiv) und 50 Beiträge am Tag? Der Inhaber der verantwortlichen Agentur wäre ich gerne…

Umgang mit Suizid/Selbstmord-Ankündigungen in Communitys

Leider gehören auch weniger angenehme Themen zu den Aufgaben des Community Managements. Weit oben auf der Liste steht mit Sicherheit das Thema Suizid (Selbstmord). Glücklicherweise sind diese Fälle (einschlägige Selbstmord-Foren ausgenommen) relativ selten, leider fehlen den Moderatoren und Community Managern dadurch aber oft auch entsprechende Erfahrungswerte. Wird dann doch eine Suidzid-Ankündigung publiziert, ist schnelles Handeln gefragt.

Tipps für den Umgang mit Suizid/Selbstmord-Ankündigungen

Ankündigung ernst nehmen
Jede Ankündigung sollte ernst genommen werden! Lieber zehnmal blinden Alarm schlagen, als einmal zu wenig. Es geht hier in erster Linie um den Menschen hinter dem Mitglied. Diesem muss geholfen werden. Tipps wie folgender aus einem Jura-Forum gehen in meinen Augen an der Realität vorbei, da es für Community Manager eben nicht nur um die Durchsetzung von Regeln geht, sondern vor allem auch um die Betreuung der Mitglieder:

Wenn Du ein solches Forum betreibst, wo Menschen mit seelischen oder Lebensproblemen zusammenkommen, ist es sinnvoller für alle, akute Suizidankündigungen per Nutzungsbedingungen zu untersagen und solche Posts bei Zuwiderhandlung unverzüglich zu löschen mit Hinweis auf Nutzungsbedingungen.

Kontakt zum Betroffenen aufnehmen
Das Community Management sollte auf jeden Fall versuchen, direkten Kontakt zu der betroffenen Person aufzunehmen, ggf. die Adresse zu ermitteln und den Betroffenen auf professionelle Hilfeeinrichtungen aufmerksam zu machen. Je nachdem wie eng der Kontakt zu dem Mitglied ist bzw. wie gut man die eigene Community kennt, sollte man nach Möglichkeit auch Freunde, Bekannte, Verwandte auf die Situation aufmerksam machen und um Hilfe bitten. Wichtig, um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es geht hier nicht darum, dass das Community Management seelsorgerisch tätig werden soll und versucht, das Problem auf eigene Faust zu lösen. Es sollte immer schnellstmöglich professionelle Hilfe hinzugezogen werden, beispielsweise ein Seelsorger und vor allem auch die Polzei (siehe dazu auch den separaten Punkt „Rechtliche Aspekte“). Es geht hier primär um das Signal: Es kümmert sich jemand darum. Ein Hinweis an den Betroffenen, dass man z.B. einen Seelsorger und die Polizei informiert hat, kann hier schon völlig ausreichend sein.

Über Löschung der Ankündigung entscheiden
Ob die Ankündigung umgehend gelöscht werden sollte, kann in meinen Augen pauschal nicht beantwortet werden. Folgende Aspekte sollten dabei berücksichtigt werden:

  • Besteht die Möglichkeit, dass Freunde oder Verwandte durch das Posting auf den Hilferuf aufmerksam werden und so Hilfestellung geben können?
  • Besteht die Gefahr, dass durch die Ankündigung andere Mitglieder gefährdet werden, beispielsweise bei einem Aufruf zum gemeinsamen Selbstmord?
  • Wie reagieren die anderen Mitglieder? Es sind diverse Fälle bekannt geworden, in denen Mitglieder einen regelrechten Ansporn zur Durchführung des Selbstmords gegeben haben…
  • Gibt es im Unternehmen ggf. Richtlinien, wie mit solchen Fällen umgegangen werden soll?

Je nachdem, welche Aspekte überwiegen und welche Regelungen ggf. durch das Community Management definiert wurden, sollte jeweils der konkrete Einzelfall entschieden werden. Allerdings unter Berücksichtigung, dass die Hilfe für den Betroffenen immer an erster Stelle stehen muss.

Rechtliche Aspekte
Allerdings berührt das Thema „Selbstmord“ noch andere Aspekte, unter anderem rechtlicher Natur. Parallel sollte man daher von Seiten des Community Managements immer auch die Polizei informieren. Zum einen ist diese für solche Fälle ausgebildet und kann die ggf. notwendigen weiteren Schritte (bspw. Zwangseinweisung) einleiten. Zum anderen läuft man so auch nicht Gefahr, sich unter Umständen der unterlassenen Hilfeleistung (§ 323 c StGB) strafbar zu machen. Die Rechtssprechung ist hier (leider) nicht eindeutig, so dass man im Zweifelsfall lieber auf Nummer sicher gehen sollte. Der Artikel Der Selbstmord und seine rechtliche Problematik gibt einen guten Überblick über die Thematik.

Fazit
Suizid-Ankündigungen sind für das Management einer Online-Community bzw. eines Sozialen Netzwerkes ein heikles Thema.  Gehandelt werden sollte auf jeden Fall, auch wenn sich die Ankündigung auf den ersten Blick evtl. weniger dramatisch anhören mag. Der Kontakt der Moderatoren bzw. der Community Manager zum Betroffenen sollte schnellstmöglich erfolgen, schließlich wurde die Ankündigung nicht ohne Grund genau in der eigenen Community veröffentlicht. Parallel sollten aber immer auch professionelle Hilfereinrichtungen (Seelsorge, Polizei, ggf. Notarzt) eingeschaltet werden, da diese speziell für den Umgang mit selbstmordgefährdeten Personen geschult sind und letztendlich nur ein Profi entscheiden kann, wie ernst eine Selbstmord-Ankündigung ist und vor allem wie damit konkret umzugehen ist. Seelsorge ist nicht Aufgabe des Community Managers, wohl aber sich grundsätzlich um die Problematik zu kümmern.

Erfahrungswerte
Gibt es von eurer Seite aus Erfahrungswerte, wie mit Suizid-Ankündigungen in den von euch betreuten Online-Communits umgegangen wird? Was ist gut gelaufen, welche Fehler wurden unter Umständen gemacht? Feedback über die Kommentarfunktion oder auch Rückmeldungen via E-Mail sind wie immer herzlich willkommen!

Update 31.03.2010
Vielen Dank schon mal für das zahlreiche Feedback via Twitter, Skype und in den Kommentaren. Dabei wurde berechtigterweise auch kritisiert, dass man aus der ursprünglichen Fassung des Artikels herauslesen kann, dass das Community Management die „Erstversorgung“ in Bezug auf die Seelsorge leisten soll. Dies ist definitiv keine Aufgabe des Community Management und das Community Management könnte dies auch überhaupt nicht leisten, dafür gibt es schließlich Fachleute. Diese Hinweise habe ich im Artikel ergänzt und hoffe, dass meine eigentliche Intention etwas klar geworden ist.

10 Tipps, um Mitglieder dauerhaft an die Community zu binden

Neue Mitglieder für eine Online-Community zu gewinnen ist wichtig. Mindestens ebenso wichtig ist es für das Community Management allerdings, diese auch dauerhaft an die Community zu binden. Letztlich definiert sich eine Community nicht nur über die „nackte“ Zahl der Beiträge oder Mitglieder, sondern vor allem auch über ein längerfristiges Engagement der Mitglieder.

Dieser Artikel ist in Anlehnung an eine Übersetzung des englischsprachigen Original-Artikels „Don’t lose existing members of your online community“ von Martin Reed entstanden. Reed sieht es als zentrales Element für ein erfolgreiches Community Management an, dass Mitglieder sich durch das Community Management wertgeschätzt und vor allem wahrgenommen fühlen. Die nachfolgenden 10 Tipps zur langfristigen Mitgliederbindung orientieren sich an diesen beiden Faktoren.

1. Neue Mitglieder begrüßen
Hier kommt es auf das persönliche Element an, die automatische Willkommensnachricht zählt also nicht. Falls z.B. aus zeitlichen Gründen keine andere Möglichkeit besteht, sollte diese zumindest weitestmöglich personalisiert werden. Wenn der Community Manager bei der Begrüßung von neuen Mitgliedern mit gutem Beispiel voran geht, kann sich mittelfristig eine regelrechte Willkommens-Kultur entwickeln, in bestehende Mitglieder diese Aufgabe nach und nach übernehmen. Neue Mitglieder fühlen sich so schneller aufgenommen und als Teil der Gemeinschaft.

2. Lob aussprechen
Wenn Mitglieder Gutes tun, sollte ihnen das auch gesagt werden. Auf besonders lesenswerte Inhalte kann an prominenter Stelle, z.B. in einem Newsletter oder auf der Startseite, verwiesen werden. Ebenso kann der Community Manager sich mit einer öffentlichen Antwort für einen interessanten Beitrag bedanken oder dem Mitglied eine Private Nachricht senden, wenn sich das Community Management generell nicht an der inhaltlichen Diskussion beteiligt.

3. Mit den Mitglieder kommunizieren
Die Kommunikation mit den Mitgliedern sollte keine Einbahnstraße sein. Aktives zuhören ist genau so wichtig, wie Informationen in die Community zu geben. Im Idealfall sollte auch eine Beteiligung an Diskussionen erfolgen.Wenn Mitglieder Fragen stellen, sollten diese auch durch das Community Management beantwort werden. Nach Möglichkeit persönlich, automatische Antworten und reine Links auf die FAQ sollten vermieden werden.

Wenn das Community Management es versäumt, mit den Mitgliedern in Kontakt zu bleiben, könnten die Mitglieder mittelfristig versäumen, mit der Community in Kontakt zu bleiben.

4. Bekanntheitsgrad in der Community steigern
Wenn ein Community Manager sich nicht aktiv am Community-Leben beteiligt, kann er auch nicht in der Community bekannt werden. Kurz gefasst: Der Community Manager sollte auch auf Beiträge antworten, eigene Threads starten, Fragen stellen und alles daran setzen, die Mitglieder und ihre Wünsche bestmöglich kennen zu lernen.

5. Interesse an den Mitgliedern zeigen
Wer sich nicht für Menschen interessiert, kann kein Community Manager sein. Community Manager müssen ein ehrliches Interesse daran haben, ihre Mitglieder besser kennen zu lernen. Hat ein Mitglied z.B. ein eigenes Blog? Dann am besten direkt in den Feedreader speichern und ab und an ein Feedback geben.

Wenn das Community Management Interesse an den Mitgliedern zeigt, werden diese auch weiterhin Interesse an der Community zeigen.

6. Mitglieder-Interviews führen
Auch wenn die Mitglieder sich untereinander schon aus dem Austausch relativ gut kennen mögen, in einem Interview können gänzlich andere oder sogar persönliche Punkte angesprochen werden. Vielleicht auch Themen, die sonst nicht den Weg in eine öffentliche Diskussion finden würden. Durch die Antworten / Reaktionen anderer Mitglieder fühlt sich der Interviewte als etwas Besonderes. Auf die Gemeinschaft kann dies positive und stärker verbindende Effekte haben.

Aber: Nicht nur bestehende Mitglieder sind als Interviewpartner interessant, auch potentielle „Wunschmitglieder“ können interessante Gesprächspartner sein.

7. Mitgliedern zusätzliche Verantwortung geben
Verantwortung ist ein wichtiger Faktor der Wertschätzung. Dies müssen keine geschäftskritischen Dinge sein, sondern z.B. die Betreuung einer bestimmten Foren-Rubrik oder das Pflegen einer Linkliste. Die Risiken sind gering, unschätzbar ist aber das gesetzte Zeichen: Das Community Managemenr setzt Vertrauen in die Mitglieder! Weiterer Vorteil: Das Community Management wird entlastet.

8. Gute Gründe für einen erneuten Besuch geben
Wenn es keine neuen Inhalte gibt, wird kein Community-Mitglied regelmäßig wiederkommen. Auf interessante Diskussionen oder anderweitige Inhalte kann beispielsweise im Rahmen eines Newsletters verwiesen werden. Der Community Manager sollte sich Mitgliedersicht offen die folgende Frage zu stellen: Würde ich als Mitglieder morgen wieder die Community besuchen? Falls nein: Was würde mich interessieren?

9. Macht mit Bedacht einsetzen
Das Community Management hat sehr mächtige Werkzeuge zur Verfügung: Beiträge löschen, Beiträge editieren oder sogar Mitglieder sperren. Diese Werkzeuge sollten aber mit Vorsicht genutzt werden und immer der Mensch im Vordergrund stehen: Mitglieder machen Fehler und oft ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, was die Gründe für ein (temporäres) Fehlverhalten sind. Die Community sollte das Community Management nicht fürchten müssen, sondern als hilfreichen Partner sehen können. Je mehr Gedanken sich die Mitglieder über das Handeln des Community Managers machen, desto geringer wird die Motivation sein, sich aktiv an der Community zu beteiligen.

10. Echt sein
Community Manager zu sein, kann man nicht vortäuschen. Die Community merkt schnell, wenn das Interesse an den Mitgliedern oder der Community als Ganzes nicht echt ist. Und wenn dieser Fall eintreten sollte, steht der Community Manager vor einem echten Problem.

Und wie können neue Mitglieder gewonnen werden?
Siehe oben. Mit dem Engagement für die bestehenden Mitglieder wird die Community automatisch auch interessant für neue Mitglieder!

Pre-Beta Test von evangelisch.de – Community-Portal der evangelischen Kirche

Für heute hatten die Macher von evangelisch.de, dem neuen Community-Portal der evangelischen Kirche, zum Pre-Beta Test eingeladen. Vielen Dank für die Einladung, der ich gerne gefolgt bin.

Kurz vorab: Mir ist bewusst, dass Glaube ein sehr emotionales und persönliches Thema ist. Das nachfolgend Geschriebene bezieht sich ausschließlich auf den aktuellen Stand des Community-Projekts evangelisch.de und sollte in keinster Weise wertend in Bezug auf das Thema Glaube im Allgemeinen verstanden werden.

Internetaffine Test-Teilnehmer
Eingeladen waren Personen aus dem Umfeld Redaktionsmitglieder. Insgesamt eine erfreulich bunte Mischung, anhand der hohen Twitter-Quote war aber zu erkennen, dass eigentlich alle Teilnehmer zumindest unter den Begriff „internetaffin“ fallen. Ziel des Tests: Die Tester sollten erste Einblicke in die neue Plattform erhalten und diese auf Basis eines kleines Aufgabenkatalogs, vor allem in Hinblick auf Usability-Gesichtspunkte, testen.

Drei Themenschwerpunkte
Die Plattform gliedert sich aktuell in drei Themenbereiche. Einmal einen redaktionellen Teil, der Themen des aktuellen Tagesgeschehens aus einem anderen Blickwinkel beleuchten soll –  sozusagen die Nachricht hinter der Nachricht. Weiterhin gibt es einen Info-Bereich, dessen Funktion allerdings noch nicht endgültig festgelegt worden ist. Als drittes natürlich noch den Bereich Community, für den später Community Manager Tom Noeding verantwortlich sein wird. Auf diesem Bereich lag auch das Augenmerk des Usability-Tests. Auf die Veröffentlichung von Screenshots muss ich auf Wunsch der evangelisch.de-Redaktion leider verzichten.

Community-Funktionen
Die Community beinhaltet als Kernfunktionen Blogs, Kreise (im Prinzip Gruppen) und eine Funktion, die als „Lebensbuch“ bezeichnet wird. Während die ersten beiden sich weitestgehend selbst erklären, erfordert zumindest letztere eine kleine Erläuterung: Ein Lebensbuch kann man für bestimmte Anlässe anlegen, z.B. eine Hochzeit oder eine Taufe, und  diesen Lebensabschnitt dann in Form von Texten und Bildern dokumentieren.

Eingeschränkte Vernetzungsmöglichkeiten
Etwas verwundert hat mich das gänzliche Fehlen von weitergehenden Werkzeugen für die Vernetzung, wie z. B. eine „klassische“ Freundschaftsfunktion. Auch die Suche nach anderen Mitgliedern ist im Prinzip nur möglich, wenn man ein Mitglied entweder bereits kennt oder man durch eine Aktivität (z. B. einen Blogbeitrag) auf ein Mitglied aufmerksam wird. Hintergrund: Das Sammeln von Kontakten und die auf anderen Plattformen praktizierte Selbstdarstellung sollen nach Auskunft der Redaktion nicht im Vordergrund stehen und daher beschränkt werden. Ein anderer Testteilnehmer stellte dazu mit einem Augenzwinkern fest, dass die Community „also nicht für Menschenfischer gemacht sei“. Historisch gesehen könnte man die Jünger Jesu als ausgesprochene Netzwerker bezeichnen und das Thema Gemeinschaft steht auch in vielen Glaubensfragen im Vordergrund. Um so mehr stellt sich die Frage, ob durch das Weglassen von Vernetzungsfunktionen nicht ein großer Motivationsfaktor für das Engagement der Community-Mitglieder verloren geht.

Optimierungsbedarf bei Bedienbarkeit
Aus Usability-Gesichtspunkten merkt man der Plattform an, dass sie auf dem Community-Framework Drupal basiert. Die Navigation ist wenig eingängig, streckenweise sehr überladen und erstreckt sich in einzelnen Bereichen auf bis zu 6 Navigationsebenen. Eindeutig zu viel, hier wird das Team bis zum offiziellen Start am 24.09.2009 noch nachbessern (müssen). Auf Basis des status quo werden auch Community-erfahrene Mitglieder vor eine hohe Hürde gestellt, wenn sie sich aktiv beteiligen möchten. Weniger ist hier oft mehr und letztlich erfreuen sich gerade bei einer breiteren Zielgruppe einfache Bedienkonzepte (wer-kennt-wen.de, gutefrage.net, u. ä.) großer Beliebtheit. Ein weiterer Vorteil: Das Community Management Team muss langfristig weniger Fragen rund um die Bedienung der Plattform beantworten.

Zielgruppe noch unklar
Auch die künftige Zielgruppe erschließt sich aus dem aktuellen Entwicklungsstand der evangelisch.de-Community noch nicht wirklich. Auf die Nachfrage aus dem Kreis der Testteilnehmer konnte diese Frage auch  durch die evangelisch.de-Redaktion nicht abschließend beantwortet werden. M. E. sollte bei der Entwicklung eines Community-Projektes diese Frage an erster Stelle stehen. Es ist tendenziell schwierig wenn nicht gar unmöglich ein Produkt zu entwickeln, wenn ich nicht klar ist, für wen es entwickelt wird und durch welchen Zusatznutzen es sich von anderen Projekten abheben soll. Im Prinzip also genau die Fragen, die klassischerweise auch Gegenstand jedes Businessplans sind.

Motiviertes Team
Neben den genannten Kritikpunkten möchte ich aber dem Team hinter evangelisch.de ein großes Lob aussprechen. Ich habe selten in einer großen und vergleichsweise konservativen Organisation ein so offenes und motiviertes Team erlebt. Glaube ist ein sehr emotionales Thema mit einer langen Historie, was gerade bei der Entwicklung neuer und frischer Ideen und Ansätze eine echte Herausforderung darstellt. Andererseits liegt gerade hierin auch eine große Chance, ein nachhaltiges und langfristig erfolgreiches Community-Projekt zu etablieren. Wenn die noch bestehenden Anfangshürden aus dem Weg geräumt werden können, traue ich dem evangelisch.de-Team diesen Schritt zu. Ich bin definitiv gespannt, wie sich das Projekt „evangelisch.de“ weiterentwickeln und vor allem wie das Community Management gestaltet werden wird.

Weitere Eindrücke (ergänzt am 30.07.2009)