Darf man als Community Manager ein Mitglied bitten zu gehen?

Gestern bin ich über einen interessanten Artikel bei Basic Thinking gestolpert, in dem Jürgen Vielmeier unter der Überschrift „Der Tag, an dem ich einen Leser bat zu verschwinden“ eindrücklich und durchaus unterhaltsam die Auseinandersetzung mit einem kritisierenden Leser schildert. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung wird durch den Titel quasi vorweggenommen: Der Autor bittet den Leser, ihn in Ruhe zu lassen und zu verschwinden.

Irgendwie sind gerade Online- bzw. Blog-Redakteure ein wenig auch Community Manager und gewisse Grundzüge einer Online-Community lassen sich unter den regelmäßigen und aktiv kommentierenden Lesern eines Blogs durchaus ausmachen. Damit wäre der Bogen zum Community Management gespannt und ich kann zu der zentralen Frage kommen, die sich mir bei der Lektüre des Artikels gestellt hat:

„Darf man als Community Manager ein Mitglied bitten zu gehen?“

Und damit meine ich nicht den Rauswurf nach einem klaren Verstoß gegen die Community-Richtlinien oder gar deutsche Gesetze. Sondern einfach an einem Punkt, wenn einem ein Mitglied wiederholt auf die Nerven geht und schlicht und ergreifend anstrengend wird.

Meine Antwort: Ja, man darf!

Natürlich sind die Mitglieder das Kapital einer Community und letztlich hat auch der Betreiber respektive Arbeitgeber ein Wörtchen bei solchen Entscheidungen mitzureden. Aber die Situation kennt doch jeder erfahrene Community Manager: Ein Mitglied ist einfach anstrengend, aber ohne gegen konkrete Regeln zu verstoßen. Und im tiefsten Inneren seines Herzens spürt man, dass durch solche Menschen einfach kein Mehrwert für die Community generiert wird. Trotzdem scheint es für Community Manager oft ein absolutes Tabu-Thema zu sein, was andere schon lange in der Praxis handhaben: Telefonisten legen auf, Verkäufer drehen sich um oder Türen bleiben geschlossen.

Warum also nicht auch für Community Manager? Eben, aus meiner Sicht gibt es keinen Grund, warum man im Einzelfall nicht auch mal sagen darf: Bitte geh’ und lass mich in Ruhe. Ein befreiendes Gefühl, das kann ich aus der Praxis bestätigen… 😉

13 Gedanken zu „Darf man als Community Manager ein Mitglied bitten zu gehen?“

  1. Ich finde es immer schade, wenn man zu diesem Mittel greifen muß, aber es gibt auch unbelehrbare Gesellen, die einen so nerven, daß einem nichts anderes übrig bleibt, als ein Mitglied ggf. auszuschließen (wegdrehen, oder Hörer auflegen geht ja in einer Community schlecht).

  2. Manchmal hat man auch Glück – z.B. wenn ein allzu selbstverliebtes Mitglied der Meinung ist, dass ihm nicht genug gehuldigt wird, unter großem Tamtam einen „Ich melde mich jetzt ab“-Thread schreibt, und wenn dann immer noch nicht genügend Leute auf Knien ums Bleiben bitten, sich tatsächlich abmeldet. Puh! 🙂

    Viele Grüße,
    Klaus

  3. Ich habe mich lange Zeit damit abgequält, Forumsmitglieder zu tolerieren, die die Community und mich ohne genervt haben, ohne gegen geschriebene Regeln zu verstoßen.
    Nach einem mühsamen Lernprozess bin ich dazu übergegangen, solchen Leuten „den Ausgang zu zeigen“. Einige sind dann von alleine gegangen, andere musste ich „zum Ausgang begleiten“ (um im Bild zu bleiben.) Mir ging es wie Daniel: Ein befreiendes Gefühl, dass auch vom Rest der Community unterstützt wurde.

    @Klaus
    > unter großem Tamtam einen “Ich melde mich jetzt ab”-Thread schreibt
    Solche Kandidaten habe ich auch immer wieder, kann das aber noch toppen:
    Die kündigen sich mit großem Zirkus und schweren Vorwürfen ab, um nach ein paar Wochen klammheimlich wieder aufzutauchen und wieder lustig mitzudiskutieren. Und das mehrfach – Rekord liegt bei fünf mal…

    Gruß
    Andreas

  4. Für mich stellt sich eher die Frage: Bringt es etwas, einen User zu bitten, dass er geht? Ich habe leider immer wieder die Erfahrung gemacht, dass diese „Bitte“ sang- und klanglos im Raum verhallt. Ganz gleich, ob ich jemanden bitte oder ihn aufgrund von Regelverstößen der Community verweise, so schnell kann man doch gar nicht schauen, wie der oder die User/in unter anderem Namen wieder neu angemeldet ist.
    @Andreas: Ich hab da einen ganz speziellen Fall, der mittlerweile bei fast 100 Accounts ist. Und nein: Er/sie ist kein Troll im eigentlichen Sinne. Er/sie kann sich immer wieder auch für eine gewisse Zeit zusammenreisen und dann geht der „Spaß“ von vorne los 😉
    Ich kenne bislang leider kein probates Mittel, um User tatsächlich von einer Plattform fernzuhalten und wenn ich Vorschläge, wie ein „virtuelles Hausverbot“ höre, muss ich leider nur lächeln. Denn wie um alles in der Welt sollte so ein Hausverbot denn umgesetzt werden?
    Schöne Grüße
    Heike

  5. Ich hoffe, dieser Beitrag bricht dabei eine Lanze, dass es nicht mehr ein Tabu-Thema ist. Ich sage an der Stelle ganz klar „Ja“. Man darf sie bitten. Ich unterstreiche auch die Aussage von Bianca, dass man es sogar sollte und weiß damit auch viele meiner Kollegen hinter mir.

    Es ist immer schade, wenn es dazu kommt, doch manchmal bleibt nur dieser Weg.

    Danke für den Artikel.

  6. In meinen Augen ist die Frage schlecht formuliert:
    Denn aus erläutertem Fall geht hervor das man ja nicht zu einem x-beliebigen User geht und sagt „Kannst du bitte die Comm. verlassen!“
    Wäre das der Fall würde ich sagen: Nein das ist definitiv kein richtiger Weg!

    Aber hierbei geht es um Leute die auf ihre Art ebenso trolling betreiben. Manche stellen sich absichtlich „dumm“, manche wollen auch bestimmte Themen nicht begreifen.
    In diesem Fall z.B. wurde eine haltlose Anschuldigung gemacht. Wenn ich eine Zeitung abonniere, beschwere ich mich auch nicht darüber das zu viele Artikel drin stehen. Wenn man jemanden bei facebook,twitter oder einem Blog folgt, sollte man sich nicht wundern wenn dementsprechend Artikel erscheinen.
    Wenn dann ein User wohl möglich sogar wiederholt anfängt Unterstellungen alá „Spam“ zu machen.
    (Wobei man schon aufgrund einfacher Diskussionsgrundlage die Situation, das Spam unerwünschte Informationen/Angebote etc. sind, klären kann. Da es sich somit eben in solchen Fällen in keiner weise um Spam handeln kann, obliegt es dem Inhaber/CM des jeweiligen Projekts die Entscheidung zu treffen was erwünscht und was unerwünscht ist.)
    Würde das lediglich die Harmonie der Community stören und ggf. sogar andere User belästigen. Aufgrund diesen Standpunktes ist es sogar Pflicht eines CMs einzugreifen.
    Es ist meist nicht einfach, aber eine Community lässt sich durchaus dazu erziehen eine Kritik zumindest so zu formulieren, dass man nicht gleich die „Keule“ raus holen muss.
    *just my 2 cents*

  7. Klar kann man Community-Mitglieder bitten zu gehen. Manchmal muss man das einfach. Jede Community hat ihre Netikette und daran haben sich alle zu halten. Natürlich schießt man nicht sofort mit schweren Geschützen beim erstmaligen Verstoß, aber wenn jemand wirklich nervt oder die Community für seine Zwecke missbraucht o.ä. kann und sollte man ihn öffentlich bitten zu gehen…. Und ihn zur Not auch aussperren.
    Ich sehe mich als Gastgeberin in der Community und bin sehr weitgehend freundlich und verbindlich auch mit Störenfrieden, aber auch für eine Gastgeberin ist irgendwann mal Ende der Fahnenstange.

  8. Da innerhalb einer Community klare Strukturen herrschen müssen, kann man es der Community nicht zumuten, solche Individuen mitzutragen, die wiederholt unbelehrbar störend auffallen.

    Wenn du als CommunityManager eine Gemeinschaft mit gesunder sozialer Struktur aufbauen willst/aufrechterhalten willst, musst du Krebsgeschwüre rechtzeitig aus dem Organismus herausschneiden, um zu gewährleisten, später das angenehme Gesamtergebnis einer sich selbst tragenden Community zu haben.
    Versäumnisse am Anfang werden das Fortbestehen und den Umgangston innerhalb einer Community auf Dauer des Bestehens der Community negativ beeinflussen.

    Allerdings finde ich, daß man solche Massnahmen diplomatisch durchführen sollte. Es reicht nicht, einfach zu sagen: „geh“ sondern der User sollte darauf hingewiesen werden warum du dich dazu entschieden hast, ihm das Verlassen der Community an’s Herz zu legen.

  9. Hi,

    ich schließe mich der allgemeinen Aussage an: Man darf nicht nur, man muss. Zum einen, weil es Nerven kostet, sich mit diesen Usern auseinander zu setzen. Nerven die man braucht, um weniger penetrante User zu betreuen; weil es Zeit kostet, die man besser für sinnvollere Dinge einsetzen kann; weil es der Stimmung innerhalb der Community nicht gut tut…

    Aber wir müssen unseren Usern Grenzen zeigen und durchsetzen. Natürlich müssen wir uns damit herumschlagen, dass nicht jeder User einsieht, welchen Schaden er (sie) anrichtet, aber in solchen Fällen sollte man sich und der Community einen Gefallen tun und auch wenn die entsprechende Person sich keinen Fehltritt geleistet hat, den Bannhammer auspacken.

    (Ich glaube, jeder von uns hat einen Abschnitt in den Benutzerregeln, dass wir „Hausrecht“ haben und wie jeder Dienstleister nach eigenem Ermessen einem Kunden die Leistung verweigern können.)

    Was ich eigentlich sagen will: Been there, done that… und irgendwann hat der Gegenüber es dann auch kapiert. 🙂

  10. Immer wieder eine spannende Frage – und immer wieder nur im Einzelfall zu beantworten. Prinzipiell bin ich jedoch der Meinung, dass der Community Manager einzelne User durchaus auffordern darf, zu gehen. Besonders spannend ist für mich jedoch die Beobachtung, dass dies die Community oft selbst übernimmt. Die Selbstreinigungskräfte einer Community greifen oft schneller als die Maßnahmen des Gastgebers. Und im Grunde ist Community Management fast immer mit dieser Rolle vergleichbar: Wir sind Gastgeber, und wir möchten natürlich, dass sich alle bei uns wohlfühlen. Wer also Ärger macht, dem zeigt man – höflich – die Tür. Bei keiner Party habe ich bisher erlebt, dass man mit dieser unschönen Aufgabe alleine gelassen wird. Zum Glück! Doch der Community Manager muss auch stets den richtigen Ton treffen. Zum Beispiel, indem man dem Störenfried hilft, eigenständig zu merken, dass er selbst nichts davon hat, zu stören. Autorität und herrisches Gehabe sind eher kontraproduktiv. Gastgeber, die diesen Kommunikationsstil pflegen, stehen sicher schnell allein da.

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