Grundsätzlich freue ich mich ja, wenn etwas zum Thema Community Management veröffentlicht wird. Die verstärkte Wahrnehmung des Berufsbildes „Community Manager“ ist ja eines der zentralen Themen, die wir mit dem Bundesverband Community Management (BVCM) anstreben.
Whitepaper mit Hindernissen
Heute ist auf allfacebook.de ein Whitepaper zum Thema „Facebook definiert das Berufsbild des Community Managers neu“ veröffentlicht worden. Autoren sind Britta Heer und Jasper Krog von Edelmann Digital. Zugegeben, Facebook hat gerade in den letzten Monaten viel bewegt und von daher war ich gespannt, zu welchen Schlussfolgerungen die Autoren in Bezug auf das Berufsbild des Community Managers in Verbindung mit Facebook kommen. Nach dem ersten Absatz hätte ich schon fast wieder aufgehört zu lesen…
Die Zeiten, in denen Community Manager echte Programmier-Nerds waren, sind seit Facebook endgültig vorbei. Bevor Facebook zur dominanten Social-Media-Plattform wurde, lag die Hauptaufgabe eines Community Managers in der Programmierung von Foren- und Kommunikationssystemen.
Diese Aussage ist, entschuldigt die ausnahmsweise deutlichen Worte, absoluter Blödsinn. Dass sich die ursprünglich durch Technik geprägte Betreuung von Foren zu einer inhaltlichen gewandelt und sich daraus letztlich das Berufsbild des Community Managers entwickelt hat, ist mindestens 10 Jahre her und mitnichten das Verdienst von Facebook. Was die Autoren hier mit „Hauptaufgabe eines Community Managers“ betiteln, war und ist noch nie ein zentraler bzw. integraler Bestandteil vom Community Management gewesen, sondern schlicht und ergreifend Aufgabe von Adminstratoren, Entwicklern oder wie immer man sie nennen will.
Die Zeit vor Facebook: Forenkultur in Deutschland
Gerade in Deutschland gibt es beispielsweise eine ausgeprägte Forenkultur und natürlich wurden diese Foren (und die vielen weiteren Communitys) nicht bis zum Auftauchen von Facebook ausschließlich durch Techniker betreut. Ich denke beispielsweise an AOL mit den Chatpiloten oder auch an Plattformen wie wer-weiss-was.de, die schon vor 10 oder teilweise sogar 15 Jahren Community Manager hatten, die mit dem heutigen Berufsbild durchaus vergleichbar sind.
Auch die nachfolgende Schlussfolgerung entspricht leider nicht der Realität:
Die Social-Media-Plattform hat das Thema „Community Management“ aus einer eher technisch getriebenen Nische in die Managementsphäre gehoben.
Dass Facebook das Community Management in die Management-Ebene gehoben hätte, wäre durchaus auch in meinem Interesse, entspricht aber leider nicht der Realität. Die Projekte rund um Facebook und Co. werden nach meinen Erfahrungen auch heute noch primär von den Fachabteilungen wie u.a. Marketing getrieben. Mit etwas Glück darf der Community Manager seine Erfahrungen und sein Feedback aus der Arbeit mit der Community in die weitere Planung einbringen. Dass der Community Manager tatsächlich die strategischen Entscheidungen prägt, ist mir bisher leider nur in Ausnahmefällen begegnet.
Zweite Chance für das Whitepaper?
Im weiteren Verlauf des Whitepapers (Download via Scribd) geben die Autoren durchaus auch interessante Anregungen, u.a. dass das Thema Community Management heute einen höheren Stellenwert innerhalb einer Unternehmung haben sollte, als es zumeist der Fall ist. Ich finde es aber mehr als schade, dass die Autoren derart unzureichend recherchiert haben und das Berufsbild des Community Managers wieder in die Kinderschuhe stecken, denen es gerade entwachsen ist. Das ist weder richtig noch zielführend für das Ansehen und die weitere Entwicklung des Berufsbildes. Leider werden auch die Aufgaben eines Community Managers fröhlich gemixt. Ja, es gibt Community Manager, die auch strategische Aufgaben rund um die Community wahrnehmen. Nein, dies trifft bei weitem nicht auf alle Community Manager zu und der überwiegende Teil ist (fast) ausschließlich operativ tätig.
Bleibt zu hoffen, dass sich die Autoren die kritischen Anmerkungen, u.a. in den Kommentaren zum Artikel, zu Herzen nehmen und das Whitepaper noch einmal grundlegend überarbeiten. Verdient hätte es das Thema…
Danke für diesen Artikel, der den Nagel auf den Kopf trifft. Die ersten Absätze des Whitepapers hatten mich auch sehr irritiert – ich bin froh, dass ich damit nicht alleine bin.
Danke, dass Du das mal klar gestellt hast.
Agree.
Wie schon in den Kommentaren bei allfacebook geschrieben: Das „Facebook-Zeitalter“ hat dem Einsatz eines Community Managers wohl ein gewisses, stärkeres Momentum verpasst – aber die Grundlage des Whitepaper ist etwas daneben gegriffen.
Eines finde ich im Beitrag aber gut: Die Social Skills werden mehr in den Vordergrund gerückt. Zweifelsohne eine Schlüsselqualifikation die sonst als meist sehr sekundärer Soft Skill für einen CM sicher einen primären Hard Skill darstellt – um das mal so zu vergleichen 😉
Danke für die klaren Worte und die Richtigstellung.
So oft ich allfacebook.de auch nutze, um mich zu informieren oder etwas nachzuschlagen, aber mit dem Whitepaper haben sie einen Bock geschossen.
„Bevor Facebook zur dominanten Social-Media-Plattform wurde, lag die Hauptaufgabe eines Community Managers in der Programmierung von Foren- und Kommunikationssystemen“. Ich musste mich ein wenig zusammenreißen, um mich nicht aufzuregen 🙂
Klar muss man als Community-Manager ein technisches Verständnis haben, als Technikfeind überlebt man nicht. Aber selber programmiert habe ich in meinen ganzen 11 Jahren Berufserfahrung auf dem Feld nicht.
Fazit, Danke für Deinen Artikel, Daniel. Hoffentlich lesen die Autoren den auch!
auch von mir ein Dankeschön für diesen Artikel!Die ersten Absätze haben mich auch sehr irritiert, ansonsten steht wirklich nichts Neues in dem Whitepaper drin, was man nicht schon ewig in US Blogs lesen kann.Ich gehe mit Deiner Kritik d’accord, dass das Berufsbild von den Autoren absolut unzureichend dargestellt, und auch einiges durcheinander geworfen wird.
Du schreibst:’Dass Facebook das Community Management in die Management-Ebene gehoben hätte, wäre durchaus auch in meinem Interesse, entspricht aber leider nicht der Realität.‘. Auch hier stimme ich zu – bei Facebook werden nach wie vor hauptsächlich Werbebotschaften hinausgeblasen – an wirklichem Dialog sind die Wenigsten interessiert & könnten es augenblicklich auch nicht händeln.Ich weiss nicht, ob es wirklich Sinn macht nachzufragen ob die Autoren das Whitepaper überarbeiten könnten, denn von der Theorie zur Praxis ist ein weiter Weg.
Merci, dass Du das nochmals aufgreifst und so klare Worte findest. Klar es stimmt, dass sich ein Community Manager auch in seiner Rolle als „Produktmanager“ mit der it-seitigen Weiterentwicklung und dem Aufbau seines Forums auseinandersetzen muss/sollte, um zu wachsen/erfolgreich zu sein. Das ist aber nicht seine einzige Aufgabe. Vielmehr ist er eben ein Allrounder und daran ist nicht die zunehmende Bedeutung von Facebook im Marketing schuld. Ich stinmme auch meiner Vorrednerin zu, dass Social Media Aktivitäten häufig sehr Sales-lastig geprägt sind, DENN: Meistens fehlt noch das Verständnis für die langfristige Relevanz von Facebook-Aktivitäten, die nicht in Abverkaufsaktionen bestehen!
Ich sehe da auch wieder eine Spartenbeschreibung die vielleicht auf eigener Erfahrung beruht. Allerdings bei weitem nicht der Wahrheit entspricht.
Aus meiner Sicht heraus entwickelte sich das Community Management hauptsächlich aus den Teams die ehrenamtlich irgendwo Tätigkeiten auf verschiedensten Plattformen von Foren bis Spielen ausgeführt haben. Die Programmierer hatten nie wirklich Zeit sich zu CMs zu entwickeln, meiner Erfahrung nach hatten sie nichtmal mehr die Zeit selbst zu spielen, geschweige denn sich mit der Community befassen, sobald das Projekt erstmal lief. Dementsprechend mussten diese genannten freiwilligen Mitarbeiter diesen Job machen.
In meinen Augen ist ein guter CM eine Kombination aus allem er muss !ein bisschen! Ahnung haben von Kommunikation mit Communities, PR, Marketing, Product Management/Project Management. Aber wichtiger als alles das zusammen ist schlicht das Interesse und die liebe am Produkt und Bereich. Schade finde ich dabei das die meisten Firmen ein Hauptaugenmerk auf PR- und Marketing studierte legt, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
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Freundliche Grüße,
Robert Nabenhauer