Im Test: Community-Frameworks und Community-Baukästen

Nachdem die letzten Beiträge doch eher theoretischer Natur waren, möchte ich mich heute mal einem etwas technischeren Thema widmen: Community-Software. In Vorbereitung auf ein neues Projekt habe ich in den letzten Wochen und Monaten verschiedene Lösungen getestet, die Ergebnisse möchte ich hier kurz vorstellen. Die nachfolgenden Ergebnisse sind allerdings unter dem Aspekt zu betrachten, dass hinter dem Test ein konkretes Projektvorhaben steht, die Allgemeingültigkeit der Ergebnisse somit nur beschränkt gegeben ist. Eines vorweg: eine wirkliche „Out oft the Box“-Lösung gibt es im Grunde nicht, wenn man, wie im geplanten Projekt, auch selbst Änderungen und Erweiterungen am System vornehmen möchte.

Make or Buy
Bei der technischen Plattform/Software stellt sich die grundsätzliche Frage des „make or buy“. Eine komplette Eigenentwicklung bedeutet im Regelfall auch einen hohen Aufwand in Bezug auf die benötigten Ressourcen, zumal inzwischen durchaus brauchbare Community-Lösungen auf dem Markt vorhanden sind. Der Erwerb einer „fertigen“ Community-Lösung schränkt die Weiterentwicklung durch lizenzrechtliche Fragestellungen in der Regel stark ein und ist zusätzlich mit Lizenzgebühren verbunden.
Weiterhin gibt es Community-Dienste wie Tribax oder Mixxt, die dem Community-Betreiber eine Komplettlösung an die Hand geben. Dabei hat man die Wahl zwischen einer kostenfreien Sub-Community, die im Look & Feel des „Mutternetzwerkes“ daherkommt, und einer (kostenpflichtigen) Whitelabel-Lösung. So praktisch diese Dienste sind, so eingeschränkt sind doch die Anpassungsmöglichkeiten. Dies kann für viele Projekte ausreichend sein, für das konkrete Projekt ist allerdings die Anpassbarkeit ein wichtiges Kriterium.
Eine Alternative stellt die Verwendung einer Open-Source (OS) Lösung als Entwicklungsgrundlage dar. Die Vorteile liegen hier vor allem in der Nutzung einer bereits bestehenden Funktionalität, der relativ frei gestaltbaren Weiterentwicklung sowie in der teilweise großen Anzahl verfügbarer Erweiterungen und Ansprechpartner im Rahmen der Entwickler-Gemeinschaft.

Getestete Community-Frameworks
Getestet und bewertet wurden folgende OS-Anwendungen, die grundsätzlich als Basis für die Entwicklung einer anspruchsvollen Community-Lösung dienen können:

Kriterium für die Vorauswahl waren der OS-Status bzw. ein offenliegender Quellcode, die Verwendungen von robusten und weit verbreiteten Web-Technologien (PHP, JavaScript, MySQL), die Größe der Entwicklergemeinschaft sowie eine grundsätzliche Eignung zur Entwicklung einer Community-Lösung. Im Fall von Dolphin und Socialsynapse handelt es sich allerdings nicht um klassische OS-Lösungen, da die Nutzung mit Lizenzgebühren verbunden ist. Allerdings kann und darf der Quellcode im Rahmen der Lizenz verändert werden.

Das Mittel der Wahl: Drupal
Eine komplette Darstellung der Vor- und Nachteile würde den Rahmen sprengen, daher die Ergebnisse sozusagen in der Quintessenz: Drupal eignet sich auf Basis der getesteten OS-Lösungen am besten als Software-Basis für das geplante Community-Projekt. Der Kern der Versionen 5 und 6 ist robust programmiert, weiterhin ist die Entwickler-Gemeinde ausreichend groß, so dass es eine Vielzahl von Support-Foren und auch Dokumentationen gibt. Weiterhin gibt es bereits eine größere Zahl von Community-bezogenen Modulen, so dass ein Grundstock an Funktionalitäten mit vergleichsweise geringem Aufwand implementiert werden kann. Ein weiteres wichtiges Kriterium: Drupal kommt bereits in vielen größeren Community-Projekte erfolgreich zum Einsatz, z.B. im deutschsprachigen Raum unicum.de und playboy.de. Dieser Aspekt ist definitiv nicht zu vernachlässigen, da viele andere Dienste und Frameworks im Grunde erst noch unter Beweis stellen müssen, dass sie auch für größere Community-Projekte geeignet sind.

Die Alternative: Socialsynapse
Auch wenn die Software für das aktuelle Projekt nicht den „Zuschlag“ bekommen hat, gibt es mit Socialsynapse, dem deutschen Brand für das Community-Framework Socialengine, gerade für kleine bis mittlere Projekte eine interessante Alternative, die dem „Out of the Box“ schon sehr nahe kommt. Das Grundsystem und die wichtigsten Module wie Blogs oder Gruppen sind zwar kostenpflichtig, allerdings liegen die Gebühren für eine schon recht brauchbare Lösung in einer Größenordnung von unter 500,- Euro inkl. Installation auf dem eigenen Server. Zudem gibt es auch einige kostenlose Erweiterungen und durch Socialsynapse sogar einen deutschsprachigen Support. Zu beachten ist allerdings, dass die Entwicklergemeinde, nicht zuletzt aufgrund der kommerziellen Ausrichtung, vergleichsweise klein ist.

Update 12.11.2008: Socialsynapse eingestellt
Gerade während ich den Artikel beendet habe, hat der Betreiber von Socialsynapse bekannt gegeben, dass ab sofort unter dem Label Socialsynapse nicht länger eine deutschsprachige Version von Socialengine vertrieben wird. Spannend, aber auch wieder ein weiteres Beispiel dafür, dass Nachhaltigkeit noch nicht unbedingt eine stärke in der Internetbranche ist… 😉

CommunityCamp & Gründung Bundesverband Community Management

Am vergangenen Wochenende konnte ich meine ersten Barcamp-Erfahrungen in Berlin sammeln, der Themenschwerpunkt des CommunityCamps lag, wie der Name vermuten lässt, im Bereich (Online-)Communities. Definitiv eine spannende und lohnende Veranstaltung mit interessanten Teilnehmern und mit jeweils über 250 Anmeldungen an beiden Tagen nicht zuletzt ein Zeichen dafür, dass sich Online-Communities immer stärker zu einem ernstzunehmenden Geschäfts- und Beschäftigungsfeld entwickeln. Vertreter der Business-Community XING waren mit Ihren (durchaus dezent gestalteten) T-Shirts mit dem Aufdruck „Wir stellen ein“ sogar direkt auf der Suche nach neuen Mitarbeitern.

Gründung des BVCM
Den Rahmen der Veranstaltung haben wir auch genutzt, um unser Projekt „Bundesverband Community Management“ (BVCM) zunächst einem größeren Publikum vorzustellen und im zweiten Schritt auch direkt den zugrundeliegenden Verein zu gründen. Auf den ersten Blick passt die Gründung eines Verbandes als „typisch deutsch“ nicht unbedingt in die Barcamp-Philosophie, um so erfreulicher war die breite und positive Resonanz auf unser Vorhaben: Im Rahmen der Vorstellungs-Session gab es viel positives und konstruktives Feedback, bei der anschließenden Vereinsgründung haben sich 23 Gründungs-Mitglieder zusammengefunden, die zu großen Teilen auch dem vorgeschriebenen (und dadurch teilweise etwas langatmigen) Gründungsprozedere beigewohnt haben.

Tom Noeding, Ideengeber und Inititator des BVCM, wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt. 2. Vorsitzende ist Silke Schippmann, Head of Community bei der Businessplattform XING. Das Amt des Schatzmeisters übernimmt Mark Ralea, Geschäftsführer von Eikyo, während sich Linda Konter, Abteilungsleiterin Online bei Unicum, im Rahmen des erweiterten Vorstandes der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit annimmt.

Das BVCM Gründerteam
Das BVCM Gründerteam - v.l. Mark Ralea, Silke Schippmann, Linda Konter, Tom Noeding, Daniel Langwasser

Die nächsten Schritte
Im Vordergrund der Arbeit des BVCM steht zunächst das Offizielle, konkret die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister, so dass künftig unter dem Namen Bundesverband Community Management e.V. firmiert werden kann. Parallel dazu werden die ersten Arbeitskreise ins Leben gerufen, um auch die inhaltliche Arbeit des Verbandes zu starten. Der Fokus liegt dabei unter anderem auf einer genauen Definition, was den Beruf des Community Managers letztendlich ausmacht. Aus meiner Erfahrung heraus eine wichtige, aber defintiv keine triviale Fragestellung, an deren Lösung ich im Rahmen des Arbeitskreises Beruf & Qualifizierung mitarbeiten werde.

Weiterführende Infos
Die Presse-Mitteilung zur Verbandsgründung , allgemeine Informationen zum Verband und die Präsentation zum CommunityCamp sind auf der offiziellen Website des Verbandes unter http://www.bvcm.org zu finden.

Meinungsführer – Chance und Gefahr im Community-Management

Aller Anfang ist schwer, dies gilt natürlich auch für den Aufbau einer funktionierenden Online-Community. Als zentraler Erfolgsfaktor, in der Startphase und natürlich auch in den späteren Phasen, wird die Gewinnung von Mitgliedern gesehen, die zum einen aktiv das Leben in der Community mitgestalten und zum anderen auch die frohe Botschaft der Community weitertragen. In Bezug auf die Außenwirkung spricht man auch von sogenannten Evangelisten, die durch ihre Außenwirkung maßgeblich zur Verbreitung und der erfolgreichen Umsetzung der Ziele der Community beitragen. Neben dem Wirken nach außen nehmen sehr aktive Mitglieder auch oft innerhalb des Sozialen Netzwerks eine exponierte Stellung ein, man spricht dann auch von einem Meinungsführer. Meinungsführer sind eine tragende Säule der virtuellen Gemeinschaft und genießen auch ein entsprechendes Ansehen unter den anderen Mitgliedern. In Online-Communities mit fachbezogenen Themen sind diese Meinungsführer zu großen Teilen fachlich sehr versiert und tragen gerade in den (meist) kleineren Special-Interest-Communities viel inhaltliches als Experten bei.

Die Kehrseite zu starker Meinungsführer
Allerdings gibt es auch bei dieser Konstallation eine Kehrseite, nämlich genau dann, wenn ein Mitglied als Meinungsführer eine zu wichtige Rolle einnimmt. Bleiben wir bei dem Beispiel der fachbezogenen Special-Interest-Community und nehmen an, dass diese sich gleichermaßen an Anfänger, Fortgeschrittene und Experten in einem bestimmten Bereich richtet. Die ausgewiesenen Experten unter den Mitgliedern steuern hochwertige Beiträge bei und machen so das Projekt für andere (neue) Mitglieder interessant. Idealerweise unterstützen sie auch andere Mitglieder, die fachlich noch nicht so weit sind. Allerdings entsteht jetzt ein interessanter und in Bezug auf das Community-Management auch gefährlicher Effekt: Durch die starke Rolle eines Meinungsführers richten sich die durch andere Mitglieder veröffentlichten Inhalte stark an diesem aus, d.h. das (positive) Feedback durch dieses Mitglied wird als sehr wichtig empfunden. Agieren der fachlich versierte Meinungsführer und die anderen Mitglieder auf einem annähernd vergleichbaren fachlichen Niveau, so kann diese starke Ausrichtung am Meinungsführer durchaus auch einen positiven Effekt auf das Niveau Inhalte haben. Allerdings wird für neue Mitglieder, die fachlich noch nicht das gleiche oder zumindest ein ähnliches Niveau erreicht haben, durch dieses Verhalten eine nur schwer zu überwindende Einstiegshürde aufgebaut. Ein praktisches Beispiel bilden hier Online-Communities aus den Bereichen Fotografie und Kunst.

Lösungsansätze
Bei den Lösungsansätzen tritt ein altbekanntes Problem zu Tage: Es ist sehr schwer, eine Community für Anfänger und Experten gleichermaßen dauerhaft interessant zu gestalten. Trennt man strikt nach dem fachlichen Niveau, gibt es im Regelfall Probleme mit der Selbsteinschätzung und letztendlich wird es durch die „Klassengesellschaft“ entweder zu Unstimmigkeiten kommen oder der Wissenstransfer zwischen den verschiedenen Fachleveln wird nicht oder nur sehr eingeschränkt stattfinden. Überlasst man die Entwicklung der Selbstregulation, wird meiner Erfahrung nach immer eine Gruppe (entweder Anfänger oder Experten) nach einiger Zeit die Lust an dem Projekt verlieren, da die Diskussionslevel nicht (mehr) mit den eigenen Ansprüchen übereinstimmen. Eine Patentlösung gibt es hier, wie so oft im Bereich Community-Management, leider nicht.

Fazit
Ein starkes Engagement einzelner Mitglieder in einer Community ist sehr wichtig, allerdings sollte man in Bezug auf den langfristigen Aufbau einer Community im Hinterkopf behalten, dass hierdurch auch negative Effekte für die Ziele der Community entstehen können. Meinungsführer bedürfen also nicht nur in Bezug auf ihr explizites Verhalten, sondern auch in Bezug auf ihre implizite Wirkung auf das Verhalten anderer Mitglieder einer besonderen Beachtung.

Symmetrisches vs. Asymmetrisches Community Management

Mark Ralea, Geschäftsführer von Eikyo und Vorstandsmitglied im Bundesverband Community Management, hat im Rahmen der Vorbereitungen zu seinem neuen Buch einen interessanten Artikel veröffentlicht, der sich mit dem Thema Asymmetrisches Community Management beschäftigt.

Symmetrisches Community Management
Im symmetrischen / klassischen Community Management betreut der Community Manager (CM) eine Online-Community direkt, z.B. eine Community zu einem bestimmten Produkt seines Auftraggebers. In Bezug auf Produkt- / Marken-Communities ist es also das Ziel, möglichst viele Nutzer für die eigene Community zu gewinnen und so über das eigene Netzwerk die selbst gesteckten Ziele (Kundenbindung, Kundengewinnung, etc.) umzusetzen.

Asymmetrisches Community Management
Der von Mark beschriebene Ansatz des asymmetrischen (oder verteilen) Community Management setzt an einer anderen Stelle an: der Community Manager wird überall dort aktiv, wo sich Nutzer mit den Produkten des Auftraggebers auseinander setzen, d. h. im Rahmen bereits bestehender Sozialer Netzwerke. Dies kann z. B. durch eine aktive Beteiligung des CM an Diskussionen durch Informationsbereitstellung erfolgen, wobei die offizielle Funktion bzw. der Bezug des CM zum Produkt / zur Marke natürlich klar erkennbar sein sollte.

Asymmetrisches Community Management (Quelle: eikyo.de)
Asymmetrisches Community Management (Quelle: eikyo.de)

Einen Ansatz für Asymmetrisches Community Management bieten Netzwerke wie MySpace, wo sich Firmen im Rahmen der Plattform eigene Profile / Seiten anlegen können und somit auch Nutzer im Rahmen eines bestehenden Sozialen Netzwerks erreichen, ohne dass diese erst als Nutzer für eine separate Plattform gewonnen werden müssen.

Im weitesten Sinne können auch die Gruppen im Business-Netzwerk XING als Beispiele für Asymmetrisches Community Management dienen.

Symmetrisches vs. Asymmetrisches Community Management
Auf Basis des aktuellen Ansatzes sind die Grenzen zwischen symmetrischem und asymmetrischen Community Management durchaus fließend: ein Profil in MySpace zählt in Relation zu einer ggf. existierenden eigenen Community zu den asymmetrischen Aspekten des Community Management, beinhaltet durch seine Ausgestaltung als Sub-Community aber im Prinzip auch gleichzeitig den symmetrischen Ansatz.

Interessant wird zu betrachten, in wie weit sich die Anforderungen an das Community Management unter den genannten Aspekten verändern. Eine Herausforderung ist hierbei vor allem in der Ansprache der User zu sehen, gerade wenn es sich um eine Produktdiskussion in einer nicht-kommerziellen Umgebung handelt. Oder anders ausgedrückt: Es ist ein Unterschied, ob ich mich als User bewusst in einer Marken-/Produkt-Community anmelde oder ob sozusagen die Marke zu mir kommt, unter Umständen in einem Umfeld, in dem ich dies nicht unbedingt erwarte. Die nächste Herausforderung liegt sicher auch in der Kommunikation und Abstimmung mit den Betreibern einer Online-Community, in der ich als CM gerne für meinen Auftraggeber aktiv werden möchte.

In diesem Sinne bin ich sehr gespannt, welche weiterführenden Fragestellungen und Konzepte zum Thema Community Management sich in der weiteren Diskussion aus dem Ansatz von Mark ergeben.

Qype – die Brücke von der Online- zur Offline-Welt

In Berlin ist mir gestern der folgende Aufkleber von Qype in einem Schaufenster aufgefallen:

Top in Qype 2008
Top in Qype 2008

Qype ist eine Art lokales Branchenbuch, in dem Restaurants, Ärzte, etc. durch die User erfasst und bewertet werden.  Ziel ist es also, durch einen Online-Dienst einen Mehrwert für das lokale reale Leben zu schaffen. Die meisten Angebote dieser Art leiden allerdings etwas darunter, dass sie sich zwar unter den Internet-affinen Mitbürgern einer recht guten Bekanntheit erfreuen, aber gerade vom Otto-Normal-Verbraucher noch sehr wenig wahrgenommen werden. Um so wichtiger ist es, auch offline für Reichweite zu sorgen, was Qype mit der gezeigten Auszeichnung wirklich gut gelingt. Gut, aber noch nicht sehr gut: Den Hinweis „Das Beste der Stadt“ finde ich alleinstehend noch nicht aussagekräftig genug, wenn damit tatsächlich auch eine neue Zielgruppe erschlossen werden soll. Aber das ist dann wohl Aufgabe für die Auszeichnung 2009…

Buch-Rezension: Erfolgswirksamkeit von Virtual Communities zur Kundengewinnung und -bindung

Der Autor von Erfolgswirksamkeit von Virtual Communities zur Kundengewinnung und -bindung, Stephan Jackowski, hat mir freundlicherweise ein Rezensions-Exemplar zur Verfügung gestellt.

Grundlagen und Untersuchungsrahmen
Gegenstand des Buches ist die Untersuchung, ob und in wie weit sich Online-Communities auf die Kundenbindung bzw. Kundengewinnung am Beispiel der Automobilindustrie auswirken. Neben grundlegenden Informationen über die Funktionsweise von Sozialen Netzwerken beschäftigt sich der Autor mit der Aufstellung und Untersuchung von insgesamt vier Thesen zur Erfolgswirksamkeit von Online-Communities im Automobilumfeld, die anhand einer Nutzerbefragung im Rahmen einer Auto-Community bekräftigt oder widerlegt werden sollen.

Positiv aufgefallen ist mir persönlich die solide Grundlage, die der Autor in den ersten Kapiteln zum Thema Virtual Communities legt; durchaus auch interessant und nachvollziehbar für Einsteiger zum Thema Community-Building bzw. Community-Management. Erwartungsgemäß und für den wissenschaftlichen Anspruch des Buches natürlich auch sinnvoll, liegt der weitere Fokus auf der Thesenbildung und Theorie zur Konzeption einer Online-Befragung. Dieser Teil kann auch fachfremden Personen einen ersten Leitfaden für die Konzeption von Befragungen im Rahmen der eigenen Community an die Hand geben.

Primärer Nutzen: Kundenbindung
Das eigentliche Untersuchungsergebnis empfiehlt Automobilherstellern das Engagement im Rahmen von Online-Communities, wobei der Nutzen allerdings eher in der Kundenbindung und nicht primär in der Gewinnung von Neukunden gesehen wird. Auch wenn der Autor methodisch sauber gearbeitet hat, finde ich die absolute Zahl der ausgewerteten Fragebögen mit 30 allerdings deutlich zu niedrig, um daraus eine allgemeingültige These abzuleiten.

Das Buch als solches ist nicht mehr brandaktuell, die neuesten Quellen stammen aus dem Jahr 2003, durch den aktuellen Trend (1, 2) im Bereich Auto-Communities ensteht allerdings wieder ein durchaus interessanter und aktueller Bezug.

Fazit
Empfehlenswert für Alle, die ein Interesse an grundlegenden Informationen rund um das Thema Online-Communities und vor allem ein primär wissenschaftliches Interesse an der Konzeption und Durchführung von Online-Befragungen haben. Und natürlich für alle Vertreter der Automobilindustrie. 😉 Als reines Grundlagenwerk ist das Buch weniger gedacht und geeignet, der wissenschaftliche Anspruch steht klar im Vordergrund, was sich letztendlich auch im Preis von knapp 50,- Euro widerspiegelt.

Details zum Buch

  • Verlag: VDM Verlag Dr. Müller
  • Erscheinungsdatum: Januar 2008
  • ISBN-10: 3836453436
  • ISBN-13: 978-3836453431
  • Amazon-Link

Selbst Autor oder Verleger?
Gerne freue ich mich über weitere Rezensionsexemplare aus dem Community-Bereich zur Vorstellung im Rahmen dieses Blogs. Bei Interesse bitte kurze Nachricht an mich oder einfach einen Kommentar hier im Blog hinterlassen.

Stille Mitleser und ihre Bedeutung für eine Online-Community

In regelmäßigen Abständen gibt es in den von mir betreuten Online-Communities Anregungen / Forderungen, die Mitgliederdatenbanken aufzuräumen. Stein des Anstoßes sind (vermeintlich) inaktive User, die seit ihrer Anmeldung keinen sichtbaren Beitrag zum Community-Geschehen geleistet haben. Schaut man sich die Mitglieder-Statistiken genauer an, so hat tatsächlich ein signifikanter Anteil der Mitglieder noch keinen Beitrag geschrieben, kein Foto eingestellt, etc. Die tatsächliche Größenordnung / Prozentzahl hängt natürlich davon ab, wie die Community gewachsen ist, wie die Mitglieder gewonnen wurden, ob schon Mitglieder gelöscht wurden o.ä., daher verzichte ich bewusst auf die Nennung einer relativen Größe.

Stille Mitleser / Lurker
Auf den ersten Blick und ohne Investoren-Druck, eine möglichst hohe Mitgliederzahl präsentieren zu müssen, spricht grundsätzlich zunächst nichts gegen eine Bereinigung der Mitglieder-Datenbank, sprich eine Löschung der Mitglieder, die im Zeitraum X (noch) keinen aktiven Beitrag geleistet haben. Betrachtet man allerdings die Nutzerstatistiken etwas genauer, so tritt ein interessantes Phänomen zutage: Ein nicht unerheblicher Teil der vermeintlich inaktiven Mitglieder sind stille Mitleser, d.h. sie nehmen passiv am Community-Geschehen teil. Aus dem Englischsprachigen beginnt sich in der Community-Szene auch der (meist) etwas abfällig gebrauchte Begriff Lurker zu etablieren.
Gerade für die „Poweruser“, in vielen Fällen aber auch für den Community-Manager oder Betreiber einer Online-Community, sind die stillen Mitleser oftmals ein Dorn im Auge. Scheint es doch offensichtlich zu sein, dass die stillen Mitleser von der Arbeit / dem Engagement der aktiven Mitglieder profitieren, ohne der Gemeinschaft etwas für ihre Mühe zurückzugeben. Auch für die Vermarktung oder Bewertung einer Online-Community gibt es die (grundsätzlich sinnvolle) Bestrebung, nicht mehr die absolute Zahl der Mitglieder in den Vordergrund zu stellen, sondern ein Augenmerk auf die Zahlen / den Anteil der aktiven Mitglieder zu legen.

Stille Mitleser und ihr Stellenwert für eine Community
Allerdings tue ich mir mit der Definition etwas schwer, dass nur aktive, sprich schreibende, Bilder einstellende, kommentierende, … Mitglieder als wirklicher Teil der Community zu sehen sind. Betrachtet man beispielsweise die Abrufzahlen in nahezu allen Text-basierten Communities, sprich Foren, so sind diese fast immer signifikant größer als die Zahl der tatsächlichen Beiträge bzw. der durch die aktiven Mitglieder verursachten Aufrufe. Aber gerade diese stillen Mitleser machen die Beteiligung für die aktiven / schreibenden Mitglieder vielfach erst wirklich interessant, da ihre Beiträge von einem größeren Publikum wahrgenommen werden. Aus den eigenen Projekten kenne ich tatsächlich viele Mitglieder, die seit Jahren still mitlesen, noch nie einen Beitrag verfasst haben, aber m. E. definitiv trotzdem ein durchaus wichtiger Teil der Community sind. Einen durchaus vergleichbaren Ansatz mit Schwerpunkt auf der Monetarisierung einer Online.Community hat gerade Marcel Weiss veröffentlicht. Etwas überspitzt ausgedrückt: Bei einer Zeitung würde auch keiner auf die Idee, die nicht aktiven Leser auszuschließen. Wobei hier zugegebenermaßen der Rückkanal, verglichen mit einer Online-Community, doch etwas komplizierter ist… 😉

In diesem Sinne freue ich mich auf rege (… oder keine) Kommentare meiner stillen Mitleser!

Bundesverband Community Management – Mitstreiter gesucht

Tom Noeding, aktuell Country Programme Manager Germany bei Moli und Vollblut-Netzwerker, hat es sich auf die Fahnen geschrieben, die Interessen der Community Manager in Deutschland zu vertreten. Aus dieser Intension heraus ist die Idee für die Gründung des Bundesverbandes Community Management (BVCM) (1, 2) entstanden.

Eine professionelle Unterstützung und Förderung dieses doch sehr jungen Berufszweiges ist für die zukünftige Entwicklung sehr wichtig, so dass ich Tom und das Projekt BVCM gerne nach Kräften unterstütze. Wie in jeder Community-Entwicklung steht und fällt das Projekt mit den Mitgliedern, so dass wir uns auf weitere Mitstreiter freuen, die das Thema Community Management in Deutschland voranbringen möchten.

Liebe Community Manager,

wie ich in meiner Ankündigung für den nächsten Communitystammtisch in Frankfurt ja bereits angerissen habe, stecken wir inmitten der Gründungsvorbereitungen für den Bundesverband Community Management, kurz „BVCM“. Seit gestern gibt es die gleichnamige Xing-Gruppe, zu der ich Euch hiermit ganz herzlich einladen möchte:

www.xing.com/net/bvcm

Am kommenden Dienstag werde ich das Gründungskonzept erstmalig im Rahmen unseres monatlichen Stammtischs vorstellen. Danach geht’s in Siebenmeilenstiefeln auf das nächste Highlight zu, nämlich das CommunityCamp 2008 in Berlin. Dort werden wir offiziell „launchen“.

Auch wenn der zukünftige Verband seinen Sitz in Frankfurt am Main haben wird – ich betrachte das durchaus auch ein wenig als Standortförderung 😉 – sind wir selbstverständlich auf die Unterstützung von Mitstreitern aus allen Ecken Deutschlands angewiesen. Die Xing-Gruppe wird uns bei der Vernetzung helfen.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende!
Tom Noeding (via XING)

Gerne freuen wir uns auf jede Form der Unterstützung und beantworten Fragen und Anregungen gerne persönlich oder im Rahmen der oben genannten XING-Gruppe BVCM.

Technische Innovation vs. einfache Bedienung – oder das Phänomen wer-kennt-wen

Seit einigen Wochen fließt ein guter Teil meiner Arbeitszeit in die Entwicklung und den Aufbau der Community & Galerie für Kunst Kunstclub.com. Bei Community-Projekten schlagen oft zwei Herzen in meiner Brust: Das des Technik-Liebhabers und das des Community-Managers. Oder anders ausgedrückt: Technische Innovation vs. Einfachheit und Bedienerfreundlichkeit.

Das Phänomen wer-kennt-wen
In den letzten Tagen und Wochen ging verstärkt die bewundernswerte Entwicklung von wer-kennt-wen durch die (Online-)Presse (1, 2, 3). Gerade in Bloggerkreisen anfänglich teilweise wegen der wirklich sehr überschaubaren Funktionalität belächelt, hat wer-kennt-wen allen anderen Netzwerken eines voraus: Es ist so einfach zu bedienen, dass auch die Hausfrau von nebenan (und das meine uneingeschränkt positiv) das Konzept versteht und die Plattform bedienen kann. Mein erster Streifzug durch wer-kennt-wen vor einigen Wochen hat mich wirklich überrascht, dort sind Personen aus meinem Bekannten- und Freundeskreis angemeldet, die mit großer Wahrscheinlichkeit noch nie von XING gehört haben und trotz Ihrer Anmeldung auf wer-kennt-wen nicht wissen, was ein Social Network ist.

Hier offenbart sich ein interessantes Phänomen: Die Bloggerkreise setzen sich zumeist aus Internet-affinen und technisch versierten Mitgliedern der Internetgemeinschaft zusammen, die Social Networks so selbstverständlich bedienen und verstehen, wie sie über ihr Leben twittern. Ein Großteil der Mitglieder von wer-kennt-wen liest keine Blogs und hat noch nie von Twitter gehört, begeistert sich aber für das simple Konzept von wer-kennt-wen. Wie sollte man auch Funktionen a la Friendsfeed vermissen, die man gar nicht kennt?

USP Funktionsverzicht
Bei der Lektüre des Blog-Eintrags von Teriell zu dem Kunstclub-Projekt und beim Verfassen meiner Reaktion auf die zu dem Blog-Eintrag geschriebenen Kommentare ist mir persönlich (wieder) bewusst geworden, dass gerade der Verzicht auf Innovationen / Funktionen auch ein Alleinstellungsmerkmal / USP sein kann. Zwar spreche ich weniger die Internet-affine Zielgruppe an, erschließe mir damit unter Umständen aber auf der anderen Seite (neue) Zielgruppen, die bisher nicht oder nur eingeschränkt in Online-Communities aktiv waren. Nicht zuletzt, da sich einige Community-Projekte inzwischen mehr und mehr zu einer Art Social Online-Software entwickeln und damit leider auch immer komplexer in der Bedienung werden. Selbstverständlich haben auch diese Projekte ihre Berechtigung, funktionieren aber nicht für jede Zielgruppe.

Bei der Konzeption eines neuen Community-Projektes sollte in Bezug auf diesen Punkt eine sehr klare Entscheidung getroffen werden: Möchte ich die Internet-affine Zielgruppe der bloggenden und Twitter-nutzenden Early-Adopter ansprechen oder soll die Zielgruppe (auch) aus dem Handwerker bestehen, der primär in Form von E-Mail, ebay oder Google Kontakt mit dem Medium Internet hat.

Gerade in den Blogs rund um das Thema Online-Communities und Web 2.0, die ich persönlich im Übrigen sehr gerne lese :-), vermisse ich ab und an den Blick über den eigenen (Online-) Tellerrand hinaus. Meines Erachtens auch ein Grund, warum nur wenige Blogs tatsächlich ein Publikum ansprechen, was sich nicht primär aus anderen Blog-Autoren zusammensetzt.