Was man von XING (nicht) für das Community Management lernen kann

Vor einigen Tagen habe ich testweise für einen Kunden ein Profil bei XING angelegt. Drei Tage später bekam ich dann eine E-Mail, dass dieses Profil gesperrt worden sei. Eine Begründung gab es auch, netterweise durfte ich mir die passende allerdings selbst aussuchen, da die Sperrung aus einem der nachfolgenden Gründe in einer Liste geschehen sein kann (aber nicht muss): In der Liste der möglichen Gründe war dann von „Ihr Account wurde möglicherweise durch Dritte manipuliert“ bis hin zu „Sie bewerben Multilevel-Marketing“ ein bunter Strauß von Möglichkeiten zur Auswahl vorgegeben.

4 Schritte zum eigenen starken Netzwerk?
So weit so gut. Da es sich um ein testweise angelegtes Profil handelte, konnte ich mir die Gründe („Test“ im Nachnamen) trotz der leicht verwirrenden E-Mail noch zusammenreimen. Das eigentlich spannende ist aber dann exakt einen Tag später passiert: Just zu diesem besagten Account erreichte mich eine E-Mail von XING, in der mir ausführlich erläutert wurde, wie ich mit dem Profil in „4 Schritten zu einem eigenen starken Netzwerk“ komme. Adressiert und in der Anrede verwendet der (vermutlich) bemängelte Nachname, der wohl auch zur Sperrung des Profils geführt hat.

Jetzt beschäftige ich mich tagtäglich mit den Themen Soziale Netzwerke und Community Management und habe zumindest eine leise Vermutung, warum das Profil gesperrt worden ist. Wie mag es einem weniger mit der Materie vertrauten Benutzer ergehen, dem sich die Gründe für die Sperrung seines Profils nicht so offensichtlich darstellen? Spätestens beim Empfang der Werbemail zum besseren Netzwerken, was sich mit einem gesperrten Profil als äußerst schwierig erweisen dürfte, wäre für mich das Thema XING wohl erledigt. Gut gemeint ist leider das Gegenteil von gut gemacht…

Optimierung von automatischen / technischen Prozessen
Natürlich muss man XING zugute halten, dass sich eine solch große Zahl von Mitgliedern nicht mehr ohne die breite Verwendung von technischen Hilfsmitteln „verwalten“ lässt. Zumindest dann nicht, wenn das Community Management-Team eine überschaubare Größe behalten soll. Allerdings müssen die verwendeten Tools dann auch optimal aufeinander abgestimmt werden. Es darf eben gerade nicht passieren, dass ein gesperrtes Mitglied
nett dazu ermuntert wird, sein Profil doch bitte aktiver zu nutzen. Dem Tool ist es egal, es versendet stumpf die Nachrichten an den vorgegebenen Empfängerkreis.

Auch ist ein zu weitgehende Automatisierung nicht wirklich sinnvoll: Wem nutzt eine Benachrichtigungsmail, dass mein Profil gesperrt wurde, wenn ich mir die möglichen Gründe aus einer langen Liste selbst zusammensuchen muss? Und dabei nicht einmal gewährleistet ist, dass sich der Grunde überhaupt in der Liste befindet… Nach dem inzwischen gerne in Schulungen zitiertem mehrmaligen Löschen des XING-Profils des Bundestagsabgeordneten Cajus Julius Cäsar hätte ich persönlich eigentlich erwartet, dass man bei XING aus den Fehlern gelernt hat und eine bessere Abstimmung innerhalb der einzelnen Bereiche und Mitarbeiter gewährleistet werden kann.

Die „alten“ Branchen machen es vor: Prozess-Optimierung
Insgesamt können sich die Community-Betreiber hier noch eine große Scheibe von klassischen Firmen wie Versicherungen oder anderen Finanzdienstleistern abschneiden: Eine zentrale Kundenakte und die logische Verknüpfung mit anderen Systemen gehört hier zum Quasi-Standard. Auch wenn es sicher auch hier den ein oder anderen Wackler im System geben wird. 😉

Aus dem Bauch heraus würde ich darauf tippen, dass die Prozess-Optimierung im Community Management, auch im Hinblick auf die zunehmende Integration von technischen Werkzeugen, ein wichtiges Thema für das aktuelle Jahr werden wird. Und gerne freue ich mich über den ein oder anderen „Insider-Blick“, wie weit der Einsatz von unterstützenden Tools im Community Management fortgeschritten ist und in wie weit die Vernetzung zwischen Community Managern und Technik schon klappt.

P.S. An dieser Stelle soll aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass ich generell ein begeisterter XING-Nutzer bin…

Update / Anmerkungen 26.01.2011
Vielen Dank zunächst mal für das rege Feedback, was mich über die verschiedensten Kanäle (Blog, Facebook, Twitter, E-Mail, Telefon) erreicht hat. Gerne möchte ich kurz auf die Fragen, Anmerkungen und Anregungen eingehen:

  • Der Blogbeitrag orientiert sich an einem konkreten Fall, sollte aber eher als Aufhänger für die dahinterstehende Problematik der (in meinen Augen) verbesserungswürdigen Prozess-Optimierung bei XING dienen.  Es ging mir also weniger um den relativ offensichtlichen Punkt, dass ein Test-Account nicht im Sinne eines Community-Betreibers ist.
  • Mir ist bewusst, dass bei vielen Communitys (u.a. auch bei XING) Community Management und Support in getrennten Abteilungen angesiedelt sind. Dass die beiden oben genannten Nachrichten aus unterschiedlichen Abteilungen kommen, mag zwar eine Ursache für die Problematik sein, ist dem Kunden aber letztlich egal. Er sieht nur das Endergebnis.
  • Den Support als völlig losgelöst zu betrachten, mag aus operativer Sicht des Community Managements Sinn machen. Aus strategischer Sicht muss ich mir aber den kompletten Prozess meiner Arbeit mit und für den Kunden anschauen. Aus Kundensicht gibt es diese Trennung eben nicht und genau diese Sicht muss ich auch einnehmen, wenn ich Prozess-Optimierung betreibe.
  • Großes Lob an das XING Community Management Team, das mich aufgrund des Blog-Beitrags heute extra kontaktiert und mir Unterstützung angeboten hat. So muss Community Management laufen, daher u.a. auch das in Klammern gesetzte „(nicht)“ im Titel des Beitrags!

Persönlicher Rückblick und Presseschau Community Management 2010

Ende letzten Jahres habe ich für 2010 das „Jahr der Community Manager“ prognostiziert. Rückblickend wage ich zu behaupten, dass ich mit dieser These definitiv nicht falsch lag. Das Berufsbild hat sich weiter professionalisiert und es ist auch wieder ein Stück weit klarer geworden, was denn Community Management überhaupt ist.

Für einen globaleren Rückblick auf die Welt der deutschsprachigen Online-Communitys und der deutschsprachigen Community Manager-Szene fehlt mir leider die Zeit. Aber zumindest für mich persönlich möchte ich nachfolgend eine Bilanz für 2010 in Form einer kleinen Presseschau ziehen.

Vielen Dank an dieser Stelle für die zahlreichen Interview-Anfrage, die mich in meiner Funktion als Berater bzw. Community Manager oder in meiner Rolle als 2. Vorsitzender des Bundesverband Community Management erreicht haben. Leider konnte ich nicht alle beantworten – Asche auf mein Haupt!

In diesem Sinne eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr!

Januar 2010 / Eikyo.de
„Interview-Reihe: Daniel Langwasser, selbstständiger Community Manager“

Auszug:

Antwort auf die Frage, wie ich Community Management definieren würde:

Daniel Langwasser:
Zu diesem Thema habe ich mir vor einigen Monaten intensiver Gedanken gemacht und den Begriff Community Management für mich folgendermaßen definiert:

Community Management befasst sich mit allen operativen und strategischen Aufgaben und Fragestellungen, die rund um die Konzeption, den Aufbau und das Management einer Online-Community anfallen. Das Aufgabengebiet umfasst dabei sowohl die Betreuung der Mitglieder wie auch die Sicherstellung des Community-Betriebs in Bezug auf technische, rechtliche und monetäre Aspekte.

Quelle: http://www.eikyo.de/2010/01/06/interview-reihe-daniel-langwasser-selbststaendiger-community-manager/

Mai 2010 / GoSocial.de
„Im Gespräch mit: Daniel Langwasser, 2. Vorsitzender BVCM, selbständiger Berater“ – GoSocial.de

Auszug:

Zur Frage, welche Vorteile bzw. Nachteile es bei einer dezentralen oder zentralen Community-Plattform gibt:

Daniel Langwasser:
Bei einer zentralen Lösung, d.h. einer eigenen Plattform, ist das Investment in die Technik höher. Dafür bin ich relativ uneingeschränkt in den möglichen Funktionen und kann die Regeln für die Community nach eigenem Gusto definieren. Bei einer dezentralen Lösung (z.B. einer Facebook-Page) spare ich mir das Investment in die Technik und habe den Vorteil, dass die Mitglieder sich nicht separat registrieren und somit ein weiteres Profil pflegen müssen. Im Gegenzug binde ich mich aber an einen bestimmten Anbieter und kann mit der Community nur in dem Rahmen agieren, wie es der Betreiber der dezentralen Plattform zulässt. Welche Lösung die passende ist, kann man immer nur für den Einzelfall entscheiden.

Quelle: http://matzezwonull.blogspot.com/2010/05/im-gesprach-mit-daniel-langwasser-2.html

Juli 2010 / Zukunftsletter
„Auf ein Wort“

Zur Frage, ob Unternehmen zukünftig noch auf Community Manager verzichten könnten:

Daniel Langwasser:
Community Manager sind Spezialisten im Kundenkontakt über die Sozialen Medien. Sie kennen die Grenzen und Hürden dieses relativ neuen Kommunikationsweges, verstehen aber auch die Chancen zu nutzen. Unternehmen, die an dieser zentralen Schnittstelle zu den Kunden sparen, sparen am falschen Ende. Der Kunde tauscht sich über mein Unternehmen und meine Produkte aus, ob ich will oder nicht.
Daher wird es zukünftig immer wichtiger, dass Unternehmen sich aktiv in diesen Dialog mit einbringen und den Kunden Hilfestellung beim Austausch geben.

Quelle: Zukunftsletter Juli 2010

September 2010 / Die Welt
„Die gute Seele des Netzes – Community Manager sorgen für Ordnung in virtuellen Gemeinschaften“

Meine Einschätzung zur Entwicklung des Berufsbilder Community Manager und dem Bedarf der Firmen:

… Und genau das wollen immer mehr Firmen. „Community Manager werden definitiv gesucht“,
sagt Daniel Langwasser vom Bundesverband für Community Management, „allerdings steht
die Bezeichnung nicht immer in der Stellenanzeige.“ Der Beruf ist derzeit noch so neu, dass jeder Arbeitgeber ihn anders versteht und definiert. Ein Unternehmen sucht „Content Manager“, ein anderes schreibt eine Stelle als „Manager für Online-Medien“ aus. Auch die Aufgaben unterscheiden sich stark: Während manche Community Manager nebenher auch noch die Server des Unternehmens warten müssen, kümmern sich andere nur noch um die reine Beziehungspflege.

Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/karriere/article9601336/Community-Manager-Seelsorger-einer-Web-Gemeinde.html

November 2010 / Sonntag Aktuell
„Der Meister des Internets – Techniker, Streitschlichter, Seelsorger: Community Manager ist ein junger und gefragter Beruf. Quereinsteiger stammen aus allen Branchen.“

Abschnitt zum Thema Weiterbildung und Know-how:

… Daniel Langwasser (31) sieht das ähnlich. „Wir brauchen standardisierte Seminare, in denen man das grundsätzliche Handwerk für die Tätigkeit erlernt“, sagt der Zweite Vorsitzende des Bundesverbands für Community Managment (BVCM), der im Mai erstmals den Beruf definierte. Langwasser betreibt außerdem eine Agentur für Neue Medien und Community Management. Community Manager müssen zum Beispiel wissen, welche Dienste es gibt oder wie sie Foren Beiträge verschieben, also technisches Know-how haben. Überdies, sagt Daniel Langwasser, müssen sie mit Menschen umgehen können. Oder mit Krisen, etwa, wenn eine Software nicht funktioniert. Das verärgert Communitys sehr.

Quelle: Sonntag Aktuell, Ausgabe 14.11.2010