Der Community Manager als zentraler Ansprechpartner im Unternehmen?

Mark Ralea hat unter dem Titel „Der neue Community Manager“ seine Einschätzung in Bezug auf die zukünftige Positionierung des Community Managers innerhalb einer Unternehmung veröffentlicht, die ich im Rahmen dieses Beitrags gerne kommentieren möchte.

Community Manager mit übergreifender Verantwortung
Nach Marks Überlegungen soll der Community Manager sowohl für die externe Community (in Form von Gruppen, Foren, Blogs, etc.) als auch innerhalb des Unternehmens (Mitarbeiter, Fachabteilungen) jeweils als  Bindeglied zur Geschäftsführung agieren. Der Community Manager soll dabei keiner Abteilung mehr zugeordnet werden, sondern unabhängig davon als übergeordnete Einheit positioniert werden.

Das nachfolgende Schaubild verdeutlicht diesen Ansatz:

Der neue Community Manager - Quelle: eikyo.de
Der neue Community Manager - Quelle: eikyo.de

Marks Thesen:

  1. Der Community Manager sollte nicht nur der Mittelpunkt in der Community (extern) sondern auch innerhalb des Unternehmens werden
  2. Der Community Manager muss zukünftig einen höheren Stellenwert haben als andere Abteilungen – denn er steht am stärksten in Verbindung mit dem Kunden/User. Er kennt die Bedürfnisse, Probleme und Chancen besser als alle anderen in dem Unternehmen

Ansatz wenig praktikabel
Den Ansatz, den Community Manager über den anderen Fachabteilungen als Verantwortlichen und Bindeglied zur Geschäftsführung  zu platzieren, halte ich für durchaus interessant, aber wenig praktikabel. Diese Funktion einen Community Manager erfordern, der von allen Fachgebieten – von der Produktentwicklung über das Marketing bis hin zu rechtlichen Fragen – über so viel Fachwissen verfügt, dass er die Prozesse im gesamten Unternehmen verstehen, steuern und auch verantwortlich entscheiden kann. Wohlgemerkt besser, als es die jeweiligen Fachabteilungen könnten. Gerade in größeren Unternehmen ist dies nicht realistisch und kommt der eierlegenden Wollmichsau sehr nahe. Der notizblog sieht hier eine ähnliche Problematik.

Community Management zentrale Funktion
Ohne Frage, der Job des Community Managers ist ein zentrales Element innerhalb einer Unternehmung, gerade wenn die Community das eigentliche Produkt des Unternehmens ist. Es macht also Sinn, den Community Manager als Bindungsglied zwischen der (externen) Community und dem Unternehmen einzusetzen. Je nach Größe und Ausrichtung des Unternehmens kann der Community Manager dabei als verantwortlicher Produktmanager für den Teilbereich bzw. das „Produkt“ Community agieren oder seine Funktion in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachabteilungen (PR, Marketing, …) wahrnehmen.

Ansprechpartner für Fachabteilungen

Der Community Manager als Bindeglied zur Geschäftsleitung und den Fachabteilungen
Community Manager Bindeglied zur Geschäftsleitung und Ansprechpartner für Fachabteilungen

In Bezug auf andere Fachabteilungen würde es sich m. E. anbieten, den Community Manager bzw. das Community Management als Sprachrohr und Bindeglied zum Kunden aktiv als Berater in die Entwicklungsprozesse einzubinden und als eigenständige Einheit auf gleicher Ebene mit anderen Fachabteilungen zu platzieren. Den Community Manager unternehmensübergreifend als Verantwortlichen über alle Fachabteilungen zu setzen, würde die Position des Community Managers in meinen Augen allerdings völlig überfrachten.

Masse statt Klasse? Kommentar zum WiWo-Artikel „Die Macht der Kontakte“

Die Wirtschaftswoche (WiWo) hat sich aktuell wieder einmal dem Thema „Soziale Netzwerke“ angenommen. Wenn ich richtig gesehen habe, zusätzlich auch in der aktuellen Printausgabe.

Aufgefallen ist mir der Artikel „Soziale Netzwerke – Die Macht der Kontakte“ von WiWo-Autor Daniel Rettig, in dem er über Kontakte als beruflichen Erfolgsfaktor schreibt. Quintessenz: „Das beste Rezept lautet Masse statt Klasse“. Interessant ist dieser Artikel weniger, weil darin gänzlich neue Erkenntnisse zu finden wären, sondern vielmehr vor dem Hintergrund, dass dieser von der WiWo stammt und nicht aus der Blogosphäre. Gerade wenn man sich regelmäßig mit Akteuren aus dem Social Media-Umfeld umgibt, ist der Blick über den Tellerrand des Mikrokosmos aus Twitter, Blogs und Co. Gold wert. Nachfolgend einige Auszüge aus dem Artikel, die ich gerne kommentieren möchte:

Der US-Informatiker Robert Metcalfe vertrat sogar die Ansicht, dass der Nutzen, den jemand aus einem Netzwerk zieht, exponentiell mit der Gesamtzahl der Mitglieder steigt. Übertragen auf unser persönliches Netzwerk bedeutet dies: Je mehr Kontakte wir haben, desto besser.

Ich persönlich bin mir sehr sehr unschlüssig über diesen Punkt. Prinzipiell gibt es m. E. drei Netzwerk-Typen:

  • Der Qualitätsbewusste: bestätigt nur reale Kontakte und pflegt diese auch regelmäßig. Sprich: Besteht kein aktueller Kontakt, dann wird der Kontakt auch gelöscht.
  • Der Normalo: Gesunde Mischung aus realen und virtuellen Kontakten. Kontakte werden nach Bedarf und Tagesform geschlossen und bestätigt.
  • Der Sammler: Bestätigt alle Kontakte, sucht permanent neue Kontakte und läuft auf Veranstaltungen mit einem Notizblock umher, um ja keinen Namen (=Kontakt) zu verpassen. Motto: viel hilft viel.

Die Wahrscheinlichkeit einer Empfehlung ist bei realen Kontakten natürlich weitaus größer. Je mehr Kontakte ich habe, desto größer erscheint die Chance, auch von loseren Kontakten eine Empfehlung zu erhalten. Stellt sich die Frage, ob viele Kontakte „schaden“ können? Meine Einschätzung: Ja! Ich vermute stark, dass das „Schadenspotential“ davon abhängt, welcher Netzwerk-Typ mein Gegenüber ist: Der Qualitätsbewusste wird sich eher an einem Sammler stören, da er ein anderes Empfinden für den Aufbau und die Qualität von Netzwerken hat. Ob hier Chancen oder Gefahren überwiegen, muss jeder letztlich für seine in indivduelle Situation beurteilen. Und: Nicht jede Verbindung ist per se positiv. Verbindungen zu Kontakten, mit denen mein Gegenüber schlechte Erfahrungen gemacht hat, können ebenfalls kritisch bewertet werden.

Der US-Psychologe Herb Goldberg unterschied einst zwischen Nutzfreundschaften, Zweckfreundschaften und reinen Freundschaften. Erste werden nur geschlossen, wenn die Beteiligten voneinander profitieren, zweite können auch in der Freizeit entstehen, um gemeinsam Sport zu treiben. Die reine Freundschaft wiederum entspringt rein ideellen Motiven.

Vieles spricht dafür, dass dieses Trio um ein viertes Freundschaftsmotiv erweitert werden muss: die Netzwerk-Freundschaft.

Hat sich die Theorie von Goldberg tatsächlich überholt bzw. muss ergänzt werden? Ich denke nein. In meinen Augen ändert die Form der Kommunikation nichts an den eigentlichen Motiven für eine „Freundschaft“. Es mag sein, dass die Einschätzung des gegenseitigen Nutzens durch die Sozialen Netzwerke etwas verwässert worden ist. Allerdings werden so oder so auch bei einem Sammler-Typ Konktakte dann geknüpft, wenn er sich einen Nutzen davon verspricht. Und dem Gegenüber geht es genau so, sonst würde er den Kontakt nicht bestätigen. Was also soll man unter einer Netzwerk-Freundschaft verstehen?

Es geht nicht mehr darum, was man kann, sondern wen man kennt; nicht darum, was man weiß – sondern wer von einem weiß.

In dieser Form ist diese Aussage schlicht und ergreifend falsch. Wann gebe ich eine Empfehlung ab? Letztendlich nur dann, wenn ich von einer Person oder einem Produkt überzeugt bin. Empfehle ich jemanden aktiv weiter, wird dessen Leistung automatisch mit mir in Verbindung gebracht, egal ob positiv oder negativ. Es geht also letztlich natürlich auch darum, dass man etwas kann und weiß. Die Kunst besteht allerdings darin, auch die richtigen Leute zu kennen, die das Wissen über mein Können gerne und guten Gewissens mit anderen teilen.

Ähnliches gilt für Deutschland. Fast jede fünfte Führungskraft ist in sozialen Netzwerken aktiv und nutzt sie beruflich, ergab eine Forsa-Studie im Januar. Die repräsentative Umfrage belegt zudem, dass die Nutzung von beruflichen Netzwerken bei besser verdienenden Managern weiter verbreitet ist. Führungskräfte mit einem Haushaltseinkommen von über 4000 Euro sind bereits zu 28 Prozent beruflich in Online-Netzwerken aktiv.

Ah ja, ich muss gerade noch mal nachschauen, ob der Autor des WiWo-Artikels aus dem Marketing stammt… Im Umkehrschluss bedeuten diese Zahlen, dass auch 2009 noch rund 4/5 der deutschen Führungskräfte NICHT in sozialen Netzwerken aktiv sind. Dies bestätigt mein Bild, was ich von Konferenzen außerhalb des Internet-Umfelds habe. Gerade Unternehmer älteren Semesters nutzen primär oder ausschließlich ihr persönliches Offline-Netzwerk. Dies funktioniert hervorragend, da diese Kontakte ebenfalls nicht in Online-Netzwerken aktiv sind. Schaut man sich die Profile bei XING etwas genauer an, so finden sich dort bisher nur sehr wenige wirklich einflußreiche Führungskräfte. Ich bin mir sehr sicher, dass sich diese Quote über kurz oder lang zugunsten der Sozialen Netzwerke im Internet verschieben wird. Man darf aber einfach nicht die Augen davor verschließen, dass ein Großteil der Geschäfte momentan noch außerhalb der vielgerühmten Sozialen Netzwerke geschlossen werden.

Fazit
Erfreulich ist, dass das Thema „Soziale Netzwerke“ zunehmend auch Eingang in die klassischen Medien findet. Wir stehen hier aber trotz allem noch ganz am Anfang der Entwicklung.  Diesbezüglich würde ich mir eine etwas kritischere Hinterfragung der Informationen und Entwicklungen wünschen. Letztlich macht genau das Qualitätsjournalismus aus.