Was man von TelDaFax (nicht) für das Social Media-Management lernen kann

So richtig glauben kann ich noch immer nicht, was aktuell auf der TelDaFax Facebook-Page zu lesen ist:

Leute, die Seite ist echt nicht der geeignete Platz für Beschwerden und Kundenanliegen. Wir möchten Euch unterhalten, informieren, auf verschiedene Themen aufmerksam machen und Eure Meinung zu diesen Themen hören. Kontaktmöglichkeiten für Kundenanliegen seht Ihr unter „Info“.

Diskussion TelDaFax Facebook-Page
Diskussion TelDaFax Facebook-Page

Das Echo scheint sich langsam durch das Internet auszubreiten, treffender als die Kollegen vom SMO-Handbuch hätte ich die Geschichte nicht betiteln können: TelDaFax versucht sich an Social Media

Wie sich Unternehmen im Social Media-Umfeld verhalten sollten und was sie besser unterlassen sollten, ist in zahllosen 10 bis 100 Punkte-Listen, Büchern und Seminaren beleuchtet worden. Stichworte wie Kundennähe, Fans und Dialog sind von keiner Konferenz aus dem Social Media- oder Community-Umfeld mehr wegzudenken. Die Liste von (vielfach selbst ernannten) Social Media-Experten wird länger und länger und im Jahr 2011 scheint jeder verstanden zu haben: So geht Social Media!

Hehre Ziele: Servicetool
TelDaFax ist auch nicht erst seit gestern im Social Media-Umfeld aktiv, die Facebook-Page gibt es seit dem 01.03.2010. Aus der zugehörigen Pressemitteilung kann man darauf schließen, dass sich TelDaFax durchaus hehre Ziele für die eigene Facebook-Page gesetzt hat:

Als innovatives Unternehmen haben wir den Anspruch, auch über moderne Medien zu kommunizieren. Soziale Netzwerke eignen sich in idealer Weise zum Informationsaustausch, wir sehen darin vor allem ein Servicetool für Interessierte. Wer auf dem Laufenden sein will, was sich bei TelDaFax gerade tut, der sollte einfach mal auf unserer Facebook-Seite vorbeischauen

Der Social Media-Alltag
Wie kann dann so etwas wie aktuell bei TelDaFax in 2011 noch passieren? Haben die nicht zugehört oder keinen Social Media Experten engagiert? Meine Vermutung, die leider in vielen Unternehmen Realität ist: Social Media-Aktivitäten, wie der Launch einer Facebook-Page, lassen sich super über eine Pressemitteilung verarbeiten, die ersten Fans werden noch freudig begrüßt und dann kommt der Social Media-Alltag… Frustrierte Kunden machen ihrem Ärger Luft. Die Betreuung der eigenen Facebook-Präsenz wird an eine externe Agentur ausgelagert, die sich zwar auf Facebook super auskennt, aber keinen wirklichen Draht in das Unternehmen hat. Die Folge: Nach außen hin bzw. in der Wahrnehmung des Kunden repräsentiert man das Unternehmen, in Wirklichkeit gibt es aber keinen echten Rückkanal und man bekommt auch nicht mehr oder schneller Infos, als über den herkömmlichen Presseverteiler. Frustration…

Die Reaktion des Facebook-Teams ist mit Sicherheit unangebracht, überzogen und so gar nicht „Social Media-like“, aber irgendwie doch verständlich. Eine Frustreaktion eben, vielleicht auch von einem Mitarbeiter / externen Dienstleister, der noch nicht über die notwendige Erfahrung verfügt. So sieht die Realität vielfach eben aus, nicht wie in den Blaupausen der Social Media-Konferenzen, so sich das ganze Unternehmen in einen kundennahen Dienstleister verwandelt und die Kundennähe mit jeder Faser und auf jedem Kanal gelebt wird.

Wie geht es weiter?
Zunächst mal: Shit happens. Das eigentlich spannende wird meines Erachtens in den nächsten Tagen passieren: Wie lange wird es dauern, bis sich TelDaFax des Pulverfass bewusst wird und wie wird man reagieren? Und wie reagiert die Community? Mein Tipp, falls ein Verantwortlicher über den Blog stolpern sollte oder tatsächlich Social Media-Monitoring betrieben werden sollte: Eine persönliche Entschuldigung bei den betroffenen Personen und eine öffentliche Entschuldigung für das überzogene Handeln. Ohne etwas schön zu reden, dafür ist es ohnehin zu spät. Tut uns leid, blöd gelaufen, wir geloben Besserung… Und dann tatsächlich daraus lernen, das ist Social Media!

Sicherheitsfirma will Fake-Profile in Sozialen Netzwerken automatisiert einsetzen

Fake-Accounts oder so genannte Sock-Puppets sind ein Teil des Community Manager-Alltags. Bei den harmloseren Varianten geht es „nur“ um die Aufhübschung der eigenen Person, in den kritischeren Fällen reicht es bin zur gezielten Diffamierung von anderen Personen oder Unternehmen.

Was zunächst in der Umsetzung trivial klingt, erfordert im Detail jede Menge Arbeit und Koordination: Accounts in der Community anlegen und pflegen, Kontakte zu realen Accounts knüpfen, Glaubwürdigkeit und Reputation aufbauen. Und im Idealfall auch die Person hinter dem Account mit einer glaubwürdigen aber falschen Identität ausstatten. Wie man diese Fake-Profile grundsätzlich entdecken kann, habe ich vor einiger Zeit hier im Blog beschrieben.

Das Ende der Handarbeit? Automatisierte Kunstfiguren
So weit nichts wirklich Neues und eines war diesen Fake-Accounts bisher gemeinsam: Es steckte eine Menge Handarbeit dahinter, wenn man seinen Job gut machen wollte. Seit einigen Tagen geistern allerdings verschiedene Meldungen durch das Internet (mittlerweile auch bei SPON Netzwelt), die auf eine neue Dimension im Geschäft mit den Kunstfiguren schließen lassen:

In einem öffentlich gewordenen E-Mail Austausch der regierungsnahen US-Sicherheitsfirma HB Gary Federal wird über die Automatisierung von Fake-Accounts gesprochen. Verklausuliert unter dem harmlosen Begriff „Persona Management“ wird detailliert geschildert, wie man mit Software-Unterstützung ganze Armeen von gefakten Identitäten einsetzen könnte:

Persona management entails not just the deconfliction of persona artifacts such as names, email addresses, landing pages, and associated content.  It also requires providing the human actors technology that takes the decision process out of the loop when using a specific persona.  For this purpose we custom developed either virtual machines or thumb drives for each persona.  This allowed the human actor to open a virtual machine or thumb drive with an associated persona and have all the appropriate email accounts, associations, web pages, social media accounts, etc. pre-established and configured with visual cues to remind the actor which persona he/she is using so as not to accidentally cross-contaminate personas during use.

In einem weiteren Abschnitt geht man weiter ins Detail:

To build this capability we will create a set of personas on twitter, blogs, forums, buzz, and myspace under created names that fit the profile (satellitejockey,hack3rman,etc).These accounts are maintained and updated automatically through RSS feeds,retweets,and linking together social media commenting between platforms. With a pool of these accounts to choose from,once you have a real name persona you create a Facebook and LinkedIn account using the given name, lock those accounts down and link these accounts to a selected # of previously created social media accounts, automatically pre-aging the real accounts.

Using the assigned social media accounts we can automate the posting of content that is relevant to the persona.  In this case there are specific social media strategy website RSS feeds we can subscribe to and then repost content on twitter with the appropriate hashtags.  In fact using hashtags and gaming some location based check-in services we can make it appear as if a persona was actually at a conference and introduce himself/herself to key individuals as part of the exercise, as one example.  There are a variety of social media tricks we can use to add a level of realness to all fictitious personas

Die sich daraus ergebenden Anwendungsfälle sind ebenso breit wie erschreckend: Neben der gezielten Steuerung von Meinungen bzw. dem Vortäuschen einer großen Zahl von Unterstützern kann diese Systematik auch gezielt zur Diskreditierung eingesetzt werden. Die Weisheit der Vielen gesteuert von einer Handvoll realer Personen?

Machen wir uns nichts vor, auch wenn im konkreten Fall – angeblich – von einer Umsetzung bisher abgesehen wurde, sind solche Szenarien längst Realität. Über den gezielten Software-Einsatz lässt sich dieser Prozess aber weitaus kostengünstiger und weniger personalintensiv gestalten, so dass wir uns zukünftig wohl nicht mehr ausschließlich auf Regierungs- und Großkonzern-Ebene bewegen werden.

Stellt sich für mich die Frage:
Was bedeutet das in Zukunft für das Community Management? Wird es als Community Manager noch ausreichend sein, sich alleine auf Erfahrung und das eigene Gespür zu verlassen, wenn es um das Aufspüren falscher Identitäten geht? Oder brauchen wir auch hier eine stärkere Unterstützung technischer Natur, um Zusammenhänge zwischen Accounts und dahinterstehenden Personen automatisiert auszuwerten? Wie weit sind hier die deutschen Player (XING, wer-kennt-wen, …) und wie sieht es international aus bei Facebook, Twitter und Co.?